Prozess um Titanic-Cover: Eine Hexe zum Verbrennen
Am Freitag beginnt die Verhandlung über das Papst-Cover der Titanic. Um dessen Lebenswelt abzubilden, veranstaltet das Magazin einen Mittelaltermarkt in Hamburg.
HAMBURG dapd/taz | Einen Tag vor dem Prozessbeginn um das umstrittene Papst-Cover des Magazins Titanic in Hamburg wollen sich deren Mitarbeiter an die berühmte Hamburger Hauptkirche St. Michaelis anketten.
„Wir werden wohl so um die 30 Leute“, sagte der Chefredakteur der Titanic, Leo Fischer, am Mittwoch auf Anfrage der dapd. Beteiligen wollen sich an der Aktion am Donnerstag (30. August, 15.00 Uhr) die jeweils aus etwa einem Dutzend Mitarbeitern bestehenden Redaktionen des Magazins aus Frankfurt und Hamburg. Unterstützung bekommen sie von Mitgliedern der Partei Die Partei.
Anlass für das Anketten vor der Kirche, die im Volksmund Michel genannt wird, ist die am Freitag (31. August, 13.30 Uhr) beginnende Verhandlung vor dem Hamburger Landgericht über das umstrittene Titelbild der Juli-Ausgabe des Magazins.
Das Cover zeigte den Papst mit einem großen gelben Fleck auf der Soutane. Auf dem Titel hieß es in Anspielung auf den Skandal um den Verrat von internen Dokumenten: „Halleluja im Vatikan - Die undichte Stelle ist gefunden!“. Auf der Rückseite wurde er von hinten mit braunem Fleck und dem Kommentar „Noch eine undichte Stelle gefunden!“ gezeigt.
Der Papst hatte eine einstweilige Verfügung erwirkt, weil er sich dadurch in seinen Persönlichkeitsrechten verletzt fühlte. Das Landgericht Hamburg verbot die weitere Verbreitung des Titelfotos. Dagegen wiederum legte die Zeitschrift Widerspruch ein.
Der Papst reagiert nicht
Fischer zeigt sich vor der Verhandlung zuversichtlich, weil weder der Papst noch seine Rechtsvertreter bisher eine Stellungnahme zu dem 15seitigen Widerspruchsschreiben der Zeitschrift abgegeben haben: „Dem Heiligen Vater fehlen wohl die Argumente. Andererseits gehen im Vatikan derzeit viele Dokumente verloren; vielleicht wird die Antwort des Papstes noch rechtzeitig zum Prozeßauftakt geleakt.“
Gegen 15 Uhr wollen sich die Redaktionsmitglieder am Donnerstag vor der Kirche symbolisch anketten. Wann die Aktion beendet wird, steht laut Fischer nicht fest. „Wir machen solange, bis man uns wegträgt“, hieß es vom Chefredakteur. Wie und woran die Mitarbeiter sich anketten, werde spontan entschieden. „Notfalls schaffen wir eben was ran, an das es sich anketten lässt“. Bei der Hamburger Polizei wurde die Aktion bis Mittwochmittag nicht angemeldet.
Auch Die Partei plant zum Prozessauftakt eine eigene Aktion. Am Freitag soll es von 10 bis 16 Uhr auf dem Sievekingsplatz vor dem Landgericht einen Papst-Mittelaltermarkt geben. Neben Auftritten von Jongleuren und Feuerspuckern soll den Besuchern auch die Möglichkeit geboten werden, symbolisch eine Hexe zu verbrennen oder sich an den Pranger zu stellen. Der Markt sei als Anspielung auf „die Lebenswelt des Papstes“ gedacht, sagte Fischer.
Leser*innenkommentare
Jörg
Gast
@tommy
Sagt Ihnen der Begriff Erbsenzähler etwas?
Tatsache ist, dass die Katholische Kirche verantwortlich für Hexenverbrennungen war. Und nur darum geht es.
Barthold Pelzer
Gast
Na, da ist dann wohl sogar die seriöse Titanic Opfer einer Indiskretion geworden, da offenbar eine frühe und nicht von Leo Fischer redigierte Version eines Konzeptpapiers ge-leak-t wurde.
In der mir bekannten Schlussversion soll ein Autodafé eines Apostaten fingiert werden, so dass also auch hier historisch angemessen verfahren wird.
thelonious
Gast
Misst du Satire daran wie mutig sie ist? Wird Satire unter Gefahreneinsatz etwa besser, gar lustiger? Die dänischen Mohammed Karikaturen (die von der Titanic übrigens aus Scheiß nachgedruckt wurden) warens jedenfalls nicht.
Dr. Schreck
Gast
An die Kommentatoren hier: Mecker, mecker, mecker. Ich sage: Auf geht's, Titanic, lasst Euch Euren Blödsinn nicht verbieten! Und schon gar nicht von einem Popen!
Befleckte Grüße, Dr. Schreck
Andrea Hofacker
Gast
Jaja, ich find´s ja auch ganz lustig, den Papst zu veräppeln, aber man sollte schon wissen, wen man aufs Korn nimmt. Wie meineriner ist der "Michel" evangelisch, und wir haben bekanntlich bereits seit 500 Jahren mit dem Papst nichts mehr am Hut, was soll also das Festgekette?
AntiFunt
Gast
Is ja ma n rischtisch mutiges Cover von den titanic-Jungs.
Glücklicherweise sind der Pope und seine Schäfchen per Credo zum Still- bzw. Hinhalten (der anderen Wange) verplichtet.
Wies enden kann, wenn die Veräppelten das nicht sind?
http://taz.de/Islamkritische-Satirezeitung/!81160/
Gruß an Charlie Hebdo und den Zensor.
Parteien Forscher
Gast
Es heißt: >Die PARTEI< !!! PARTEI ist eine Abkürzung: Partei für Arbeit, Rechtsstaat, Tierschutz, Elitenförderung und basisdemokratische Initiative.
Kopfschütteln
Gast
Der Michel ist doch eine evangelische Kirche. Die Aktion ist also dort vollkommen fehl am Platz.
Da kann man ja auch genauso gut vor dem Münchner Rathaus gegen die Politik des Hamburger Senats protestieren oder vor einer Bushaltestelle gegen Fluglärm... kommt aufs gleiche raus.
D.J.
Gast
Bei allem Respekt vor Religionskritik insgesamt - das ist denn doch nur Kasperletheater. Weit wichtiger wäre es, Länder anzuprangern, in denen heute noch (wie im Europa der Frühneuzeit) "Hexen" und "Zauberer" hingerichtet werden (neben weiten Teilen Afrikas etwa Saudi-Arabien, dort übrigens hochoffiziell).
Nebenbei: Als in Deutschland die Scheiterhaufen loderten (16./17. Jh.), gab es in Rom und dem Kirchenstaat keine einzige Hexenverbrennung.
tommy
Gast
Dumm nur, dass Hexenverbrennungen vorwiegend in der frühen Neuzeit, im 16. und 17. Jahrhundert, also keineswegs im Mittelalter stattfanden. Und außerdem auch eifrig von Protestanten betrieben wurden. Das Papsttum hat die Hexenverfolgungen im Übrigen nicht gefördert, sondern sogar eher mäßigend eingegriffen (in Italien gabs übrigens auch kaum Hexenverfolgungen, das war eher ein Phänomen in Deutschland und einigen anderen nordalpinen Ländern).
Aber das ist für die "linken" Papstgegner wahrscheinlich alles viel zu kompliziert. Ich bin kein Freund der katholischen Kirche, aber wirklich, man sollte schon wissen, warum genau man sie kritisiert.