Kommentar Asylrecht: Deutschland abgewiesen

Zwei Pakistaner haben erfolgreich in Straßburg geklagt. Deutschland darf Asylbewerber nicht abschieben mit dem Hinweis, sie müssten sich systemkonform verhalten.

Für den Umgang mit Asylbewerbern hat Deutschland ein bewährtes Rezept: Was sie vortragen, wird abgestritten, ihr Antrag abgelehnt. Dummerweise ist das nicht immer möglich: Es gibt Fälle, da ist schlechterdings nicht abzutun, was Flüchtlinge über ihre Verfolgung berichten.

Dann greift Plan B, um trotzdem kein Asyl gewähren zu müssen: Die Verfolgung wird zu einem Problem des persönlichen Verhaltens umdefiniert. Der deutsche Staat macht damit nicht den Verfolger zum Schuldigen, sondern den Verfolgten. Der könnte seine Haut ja retten, wenn er sich in seiner Heimat nur konformistischer verhielte – so hat es das Asylbundesamt den beiden Pakistanern empfohlen, die nun in Straßburg erfolgreich geklagt haben. Zumindest in Sachen Religion zwingt das Urteil die deutschen Behörden jetzt, umzudenken.

Die hatten ihnen nahegelegt, religiöse Praktiken nur im Stillen, in den eigenen vier Wänden auszuüben, um ihre Gegner in der Justiz und bei den Islamisten nicht zu provozieren. In anderen Fällen empfiehlt das Asylbundesamt, darauf zu verzichten, als Homosexueller öffentlich sichtbar zu sein. Oder bestimmte Regionen zu meiden, in denen eine Minderheit besonders wenig gelitten ist. Oder eben den Schleier anzulegen, den die Tugendwächter verlangen. Schon ist der Flüchtling aus dem Schneider und Deutschland braucht ihm keinen Schutz zu gewähren – das ist die Logik, mit der die Deutschen beharrlich versuchen, berechtigte Asylansprüche abzuwehren.

ist Redakteur bei taz1.

Asylrecht ist dazu da, Schutz vor politischer Verfolgung zu garantieren – ohne sich den Beschränkungen durch Unrechtsregime oder religiöse Fanatiker unterwerfen zu müssen. Vielleicht begreifen auch die deutschen Behörden das jetzt.

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