Kauft Vodafone Kabel Deutschland?: Alles in einer Hand

Laut Medienberichten spielt Vodafone die Übernahme von Kabel Deutschland durch. Das Unternehmen könnte die Telekom angreifen.

Die britische Telekommunikationsfirma Vodafone soll an Kabel Deutschland dran sein. Bild: Reuters

Das Wort „Schlucker“ wird hierzulande eigentlich immer nur mit dem Adjektiv „arm“ verbunden. Der Obdachlose, der Gefallene, der Bankrotte – alles arme Schlucker. Doch in die Wirtschaft passt diese Wortkombination überhaupt nicht. Dort ist der Schlucker zumeist der Reichere – und der Geschluckte der, der arm dran ist. Kabel Deutschland war zuletzt ein solcher reicher Schlucker. Jetzt könnte der größte deutsche Kabelanbieter zum armen Geschluckten werden.

Laut Financial Times und Manager Magazin sollen in der britischen Firmenzentrale von Vodafone Pläne auf dem Tisch liegen, wie Kabel Deutschland übernommen werden könnte. Der Telekommunikationskonzern Vodafone, der laut eigenen Angaben in Deutschland im Geschäftsjahr 2011/2012 mit seinen knapp 40 Millionen Kunden 9,5 Milliarden Euro Umsatz erwirtschaftete und vor Steuern und Abschreibungen einen Gewinn von knapp 3,5 Milliarden einstrich, will sich demnach den größten Spieler auf dem deutschen Kabel-TV-Markt einverleiben.

Dessen Kennzahlen für das Geschäftsjahr 2011/2012: Rund 1,7 Milliarden Euro Umsatz, knapp 800 Millionen Euro Gewinn vor Steuern, gut 8,5 Millionen Kunden. Börsenwert: gut 6 Milliarden Euro.

Dabei ist die Abgrenzung zwischen Telekommunikationsanbietern und Rundfunkversorgern längst aufgehoben. Kabel Deutschland bietet über sein Netz nicht nur Fernsehen, sondern auch Internet und Telefonie an, und auch Vodafone vertreibt Telefon, DSL und Fernsehen.

Endlich kein Mieter mehr

Allerdings hat Kabel Deutschland dabei den entscheidenden Vorteil, dass dem Unternehmen die Kabel im Boden auch gehören – bis zur Haustür, und bei einem Drittel der Kunden gar bis zur Anschlussdose. Diese letzten Meter, die sogenannte letzte Meile, muss sich Vodafone noch stets bei der Telekom mieten, will es seinen Kunden Festnetz- und DSL-Anschlüsse bieten.

Das könnte mit der Übernahme von Kabel Deutschland in weiten Teilen Deutschlands der Vergangenheit angehören. Laut Kabel-Branchenverband Anga haben 28 Millionen Haushalte Zugang zum Kabel, gut 15 Millionen über Kabel Deutschland.

Und seit Mai vergangenen Jahres versucht Kabel Deutschland sein Gebiet gar noch zu erweitern und den drittgrößten Kabelanbieter Tele Columbus (2,1 Millionen Kunden) zu schlucken. Doch das Kartellamt prüft noch. Eine Entscheidung, die eigentlich heute fallen sollte, wurde auf den 25. Februar verlegt. Die Behörde braucht mehr Zeit.

Das Ziel: ein stabiles Rückgrat

Würde Vodafone Kabel Deutschland tatsächlich vom Schlucker zum Geschluckten machen, könnte das britische Unternehmen als einziges Unternehmen in Deutschland neben der Telekom alles (Mobilfunk, Telefonie, Internet, Fernsehen) aus einer Hand anbieten – und das bei vielen Haushalten mit komplett eigener Infrastruktur. Außerdem hätte Vodafone dann ein größeres sogenanntes Backbone-Netz. Dort laufen die vielen Daten zusammen, die wir alle beim Telefonieren und Nutzen von Datenverbindungen über unsere Mobiltelefone und das Festnetz versenden.

Seit sich die Nutzung von Daten und das Arbeiten mit diesen immer mehr in die Cloud verlagert, also überall auf sämtlichen Endgeräten zugänglich ist, kommt diesen Backbone-Netzen eine gewichtige Rolle zu.

Laut Experten war der Flaschenhals bei der Datenübertragung einst die Funkverbindung vom Endgerät in diese Backbone-Netze. Doch der ist durch dazugewonnene Netzspektren für den Mobilfunk mittlerweile weit geöffnet. Neuer Flaschenhals ist das Backbone-Netz, ein direkter Zugriff darauf für die Anbieter also umso wichtiger.

Vodafone-Chef Vittorio Colao macht dementsprechend auch kein Geheimnis daraus, dass er es in Europa auf derartige Netze abgesehen hat: Man schaue, welche bestehenden Anlagen man übernehmen könne, zitiert ihn die Financial Times. Doch bei Kabel Deutschland könnte die Übernahme langwierig werden, lediglich gut 10 Prozent der Anteile liegen gebündelt bei dem Investor Blackstone, der Rest ist in Streubesitz. Und dann ist da ja noch das Bundeskartellamt, das bei reichen Schluckern genau hinzuschauen hat.

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