Kommentar Open Source: Angst vor Veränderung

Freie Software kostet gerade Großanwender deutlich weniger und verringert die Abhängigkeit vom Hersteller. User sollten diese Flexibilität nutzen.

Microsoft-Besitzer Bill Gates: Verdient prächtig an den Lizenzen für Windows. Dabei ginge es viel billiger. Bild: reuters

Italien hat es richtig gemacht. Seit dem vergangenen Jahr gilt dort: Wenn die Verwaltung neue Software braucht, muss sie auf Open Source setzen. Nur in absoluten Ausnahmefällen, wenn partout kein freier Anbieter die gesuchte Lösung im Angebot hat und sich auch nichts selbst entwickeln lässt, darf es eine Ausnahme geben.

Hierzulande ist man noch lange nicht so weit. Im Gegenteil. Behörden, öffentliche Einrichtungen, auch der öffentlich-rechtliche Rundfunk – fast alle arbeiten mit Windows und überweisen fleißig Geld für die Lizenzen nach Redmond. Aber wieso? Brauchen sämtliche Mitarbeiter das spezielle Videoschnittprogramm oder diese eine Layout-Software, die nur unter Windows läuft?

In der Praxis ist es wohl etwas anderes: Bequemlichkeit. Die Angst vor Veränderungen, davor, aus dem gewohnten Trott auszubrechen, vielleicht auch mal Arbeitsabläufe neu zu denken. Obwohl das meist gar nicht nötig ist. Dabei hat freie Software nicht nur den Vorteil, dass sie gerade Großanwender merkbar weniger kostet und Abhängigkeiten vom Hersteller verringert. Auch die Nutzer profitieren von der Flexibilität.

Schön zu sehen ist das etwa an dem Browser Firefox und seinen unzähligen Add-Ons – kleinen Erweiterungen, mit denen sich der Browser zum individuellen Programm gestalten lässt. Ein Privatsphäre-Verfechter, der Cookies aussperren, Werbung blocken und die IP-Adresse verschleiern will? Geht. Im Computer ist alles zu grau, jedes Tab soll eine neue Farbe haben? Geht auch. Videos im Browser herunterladen, ohne erst den Quelltext analysieren zu müssen? Auch das.

Einiges davon ist natürlich Spielerei und man muss das nicht wollen. Aber wenn schon beim Browser die Möglichkeiten so vielfältig sind, gilt das für ein Betriebssystem in noch viel größerem Maße. Wer privat Wert darauf legt, unten in der Ecke ein buntes Fenster-Logo zu haben, okay. Aber zumindest die öffentliche Hand sollte in der Lage sein, weiter zu denken.

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schreibt über vernetzte Welten, digitale Wirtschaft und lange Wörter (Datenschutz-Grundverordnung, Plattformökonomie, Nutzungsbedingungen). Manchmal und wenn es die Saison zulässt, auch über alte Apfelsorten. Bevor sie zur taz kam, hat sie unter anderem für den MDR als Multimedia-Redakteurin gearbeitet. Autorin der Kolumne Digitalozän.

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