French Open Finale: Vom Bad Girl zur Musterschülerin

Serena Williams kämpft gegen die Russin Maria Scharapowa um den French-Open-Titel. Und gegen den Übermut vergangener Tage.

Wuchtbrumme Serena Williams verteilt derbe Watsch'n. Bild: dpa

Wer in diesen Tagen mit ihr auf den Tennisplatz schreitet, ist nicht wirklich zu beneiden. Serena Williams, einsame Nummer Eins des Damentennis, wirkt auf den Centre Courts gerade wie eine weibliche Ausgabe des guten Bud Spencer in den alten Plattfuß-Filmchen: Ohne mit der Wimper zu zucken, verteilt die Wuchtbrumme so derbe Watsch‘n mit dem Racket, dass die Gegnerinnen gefühlt wie im hohen Bogen durch den Saloon fliegen.

So wie Italiens Sara Errani im Pariser Halbfinale bei ihrer 0:6, 1:6-Deklassierung in 48 Minuten. „Ich fühle mich großartig im Moment, vielleicht so gut wie noch nie in meiner Karriere“, sagt die 31-Jährige, die nun auch als eindeutige Sieganwärterin ins Grand-Slam-Traumfinale gegen Maria Scharapowa geht.

Schließlich hat Williams die letzten zwölf von insgesamt vierzehn Kopf-zu-Kopf-Duellen gewonnen, alle Spiele seit 2005. Keine Spielerin der Moderne seit Steffi Graf in den 80er und 90er Jahren dominiert das Tourgeschäft gerade so überwältigend wie die Amerikanerin. „Wer kann und soll Serena schlagen?“, fragt sich US-Tennislegende Chris Evert rhetorisch und schiebt die Antwort zur Sicherheit noch nach, „ich sehe niemanden. Nicht hier. Und auch nicht bei den nächsten großen Turnieren.“

Längste Siegeszug ihrer Karriere

Seit der Finalniederlage in Doha gegen die Weißrussin Victoria Asarenka im Februar hat Serena kein einziges Match mehr verloren, der längste Siegeszug ihrer ganzen Karriere summiert sich jetzt schon auf 30 Spiele. Da sei es wichtig, „nicht übermütig zu werden“, sagt die Amerikanerin vor dem Finale, „Leichtfertigkeit ist Gift.“

Aber anders als in vielen anderen French-Open-Jahren lässt sie diesmal keinen Schlendrian zu. Ihre 15 Grand-Slam-Titel sind ihr längst nicht genug. „Schade ist nur“, sagt Williams, „dass ich eine Zeit hatte, wo mir nicht richtig klar war, wieviel Tennis mir eigentlich bedeutet. Da habe ich viele Chancen liegen lassen.“

Was auch für Paris gilt, eine ziemlich heikle Spielstätte in der Williams-Vergangenheit. Nahe des Bois de Bologne legte sie sich mehr als einmal mit den kapriziösen Tennisfreunden an und wurde regelmäßig ausgepfiffen. Seit sie mit dem französischen Tennislehrer Patrick Mouratoglu liiert ist, hat sich indes vieles verändert.

Williams ist öfter in Frankreich und spricht ein recht gutes Französisch – was für ordentlich Pluspunkte beim lokalen Tennisvolk sorgt. „Es ist sowieso verrückt. Ich liebe Paris, ich liebe das Turnier“, sagt Williams, „aber es lag immer eine große Spannung über meinen Auftritten. Das ist jetzt vorbei.“ Und sowieso sei ihre Flegelzeit beendet.

Mit hoher Selbstdisziplin

Unterwegs ist sie im Frühling 2013 auch, um die Schmach der Erstrunden-Niederlage aus dem Vorjahr zu tilgen, jenes denkwürdige Aus gegen die Lokalmatadorin Virginie Razzano. Es war der einzige größere Ausrutscher, den sie sich nach ihrem großartigen Comeback leistete, der Rückkehr nach einer lebensbedrohlichen Lungenembolie im Jahr 2011. „Ganz schlecht war diese Niederlage aber nicht“, sagt Williams heute, „sie hat mich zu noch härterer Arbeit angetrieben. Seitdem spiele ich noch besseres Tennis.“ Widerspruch ist da kaum möglich, schließlich holte sich Serena im letzten Sommer das große Triple, die Titel in Wimbledon und New York und dazu die olympische Goldmedaille.

Und das alles mit hoher Selbstdisziplin, mit Kraft und Raffinesse, mit dem Tunnelblick einer Athletin, die nur aufs Gewinnen versessen ist – und keine Skandalschlagzeilen mehr will: „Das Überraschendste an all dem ist, dass Serena wie eine Musterschülerin arbeitet“, sagt Martina Navratilova, „in der Reife und Erfahrung liegt ihre Stärke.“

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