Der Erste hebt schon ab

SUPERMEHDORN Eigentlich ist der neue Flughafenchef nicht zu beneiden: Er soll den BER startklar machen und muss sich dabei mit Intimfeinden herumplagen. Solche Situationen sind Hartmut Mehdorn aber die liebsten ➤ Seite 44, 45

VON BERT SCHULZ

Die katholische Welt hat einen neuen Papst, und auch für Berlin und Brandenburg ist vor einigen Tagen ein neuer Superman vom Himmel gefallen: Hartmut Mehdorn soll das Beste aus dem Desaster auf der Schönefelder Flughafenbaustelle machen – eine Aufgabe, die eine Menge Glauben erfordert. Und Mehdorn glaubt – an sich. Aber anders als Papst Franziskus ist der 70-Jährige nicht allein auf Erden. Gleich drei Männer verfolgen seine Predigten genau und korrigieren sie, wenn nötig: die Landesfürsten Klaus Wowereit und Matthias Platzeck (beide SPD) und Bundesverkehrsminster Peter Ramsauer (CSU).

Mehdorn ist also ein Superman, dessen Weg von anderen selbst ernannten Supermännern gesäumt wird. Das heißt nicht, dass diese ihn bei seiner schweren Arbeit unbedingt unterstützen werden; etwa Platzeck, der Aufsichtsratschef der Flughafengesellschaft. Zwar hat er Mehdorns Ernennung zu verantworten, beider Auftreten könnte jedoch verschiedener kaum sein. Und in einigen wichtigen Details sind sie unterschiedlicher Meinung: Brandenburgs Ministerpräsident hat sich auch aus wahltaktischen Gründen vor kurzem überraschend für eine verlängerte Nachtruhe am BER ausgesprochen. Mehdorn hält das für wirtschaftlichen Unsinn. Als der neue Vorstandschef Anfang der Woche über die Offenhaltung von Tegel schwadronierte, bremste ihn Platzeck schnell und deutlich aus. Tenor: Mehdorn weiß nicht, was er sagt.

Ramsauer weiß hingegen genau, wovon der bisherige Air-Berlin-Chef redet. Und es kann dem Bundesminister nur recht sein, wenn Mehdorn für einige Turbulenzen sorgt und – neutral formuliert – Denkanstöße liefert. Der Bund ist nur Minderheitsgesellschafter, mischt aber seit der Eröffnungsabsage im Mai 2012 immer offener mit. Schließlich sind die Pannen der beiden SPD-Länderchefs offensichtlich, die Hauptstadt ist bautechnisch bundesweit zum Gespött geworden. Solch eine Vorlage lässt sich ein bayerischer Politiker im Wahlkampf nicht entgehen. Und auch manche Größen der Berliner Landes-CDU halten Mehdorn für genau richtig, wenn es darum geht, der SPD eins auszuwischen: Sein Vorstoß für Tegel wurde von Teilen der Partei wohlwollend vermerkt.

Wiedersehen mit Wowereit

Da wäre schließlich noch Klaus Wowereit, der sich zu Mehdorns Zeiten bei der Deutschen Bahn heftige, auch stark persönlich gefärbte Gefechte mit dem als kommunikativ schwierig geltenen Manager lieferte. Andererseits hat Wowereit, als er noch Aufsichtsratschef des Flughafens war, eine ähnliche Hau-drauf-Strategie verfolgt: Allen Pannen zum Trotz verzichtete der Regierende weitgehend darauf, Fehler einzuräumen oder größere Konsequenzen zu ziehen. Stattdessen setzte er auf ein blasiertes „Weiter so“ – und verkündete einfach den nächsten Eröffnungstermin. Ähnlich rüde war sein Umgang in der Debatte um die Flugrouten. Denn genau wie Mehdorn hat Wowereit nicht mehr viel zu verlieren.

Überhaupt, die Bürger. Vor allem auf die vom Lärm Betroffenen rund um den Flughafen Tegel und den künftigen Großflughafen Schönefeld wirkt Mehdorn mit rustikalen Vorstößen schon jetzt wie ein rotes Tuch. Das könnte der Flughafengesellschaft noch Probleme bereiten. Das erfolgreiche Volksbegehren für ein umfangreicheres Nachtflugverbot in Brandenburg hat gezeigt, dass es dort durchaus eine relevante Gruppe gibt, die den politischen Umgang mit den Bürgern leid ist. In Berlin scheiterte ein Begehren zwar recht deutlich. Völlig offen ist aber, ob angesichts des verlängerten Betriebs und der Ausweitung der Flugzeiten in Tegel sowohl am Tag wie auch generell sich nicht doch noch Protest regt, mit dem selbst ein Superman echte Schwierigkeiten kriegen könnte.