Mursi auf Konfrontationskurs: „Bleibe unter Einsatz meines Lebens“

Das ägyptische Militär droht, die Verfassung außer Kraft zu setzen. Aber Mursi ignoriert das Ultimatum. In Kairo wurden bei Protesten weitere Menschen getötet.

Klare Geste: Schuhe gegen Mursi. Bild: reuters

KAIRO afp/dpa | Ägyptens Präsident Mohammed Mursi hat im Machtkampf mit Opposition und Militär seinen Konfrontationskurs fortgesetzt. In einer nächtlichen Fernsehansprache lehnte er einen Rücktritt erneut ab und betonte, er werde unter Einsatz seines Lebens „weiterhin die Verantwortung“ für das Land übernehmen. Die Opposition kritisierte Mursis Festhalten an der Macht, während es in Kairo erneut zu gewaltsamen Zusammenstößen mit mehreren Toten kam.

„Das Volk hat mich in freien und gleichen Wahlen gewählt“, sagte Mursi im Staatsfernsehen. Die Verfassungsmäßigkeit seines Amtes sei „die einzige Garantie, um ein Blutvergießen zu verhindern“. Er warnte außerdem davor, in eine „Falle“ endloser Gewalt zu tappen und rief die Opposition zum Dialog auf.

Via Twitter hatte die ägyptische Präsidentschaft am Dienstagabend das Militär aufgefordert, das an ihn gerichtete Ultimatum zur Konfliktlösung zurückzunehmen. Mursi weise jeden Versuch zurück, sich über die Legitimität seines Amtes hinwegzusetzen, hieß es. Der Staatschef fordere daher „die Streitkräfte dazu auf, ihre Warnung zurückzuziehen“.

Am Montagabend hatte das ägyptische Militär der Politik ein Ultimatum gestellt, binnen 48 Stunden die Krise beizulegen, in der das Land angesichts von Massendemonstrationen und Rücktrittsforderungen an Mursi steckt. Andernfalls werde das Militär selbst einen Fahrplan und Maßnahmen zu dessen Umsetzung verkünden.

Die regierungsnahe Zeitung Al-Ahram veröffentlichte auf ihrer Internetseite die groben Linien dieses Fahrplans. Er sieht demnach vor, dass die Verfassung außer Kraft gesetzt wird. Ein Expertenteam soll sich mit der Ausarbeitung eines neuen Textes befassen, der schließlich zur Volksabstimmung gestellt werden soll, wie die Zeitung berichtete. Auch die oberste religiöse Autorität der Sunniten, Al-Ashar, soll den Text absegnen.

Übergangsregierung geplant

Dem Plan zufolge soll außerdem ein Präsidentialrat eingesetzt werden, der die Verwaltung des Landes in einer „Übergangsperiode zwischen neun Monaten bis zu einem Jahr“ übernehmen soll. Für diesen Zeitraum soll auch eine Übergangsregierung eingesetzt werden, die unter der Leitung eines Chefs der Armee stehen und „Präsidentschafts- und Parlamentswahlen vorbereiten“ soll.

Die Oppositionskampagne „Tamarod“ („Rebellion“) kritisierte Mursis TV-Ansprache scharf. Der Staatschef „bedroht sein Volk“, sagte Mohammed Abdelasis von der Kampagne in der Nacht zum Mittwoch im privaten Fernsehen. „Wir betrachten ihn nicht als Ägyptens Präsidenten.“ Auch auf dem Tahrir-Platz in Kairo reagierte die dort versammelte Menge wütend und rief „Verschwinde! Wir wollen dich nicht!“

Bei einem Angriff auf Mursis Anhänger in der Umgebung der Universität in Kairo wurden in der Nacht dem Gesundheitsministerium zufolge mindestens 16 Menschen getötet und 200 weitere verletzt. Sie seien mit Schusswaffen attackiert worden, sagte einer der Demonstranten, Mostafa Abdelnasser, der Nachrichtenagentur AFP. Er habe selbst einen Mann weggetragen, der einen Kopfschuss erlitten habe. Im Bezirk Gisa starben ebenfalls sieben Menschen bei Auseinandersetzungen.

Juristische Niederlage

Im Machtkampf musste Mursi zudem eine juristische Schlappe hinnehmen. Das höchste Kassationsgericht erklärte die Ernennung von Talaat Abdullah zum Generalstaatsanwalt durch das Staatsoberhaupt für ungültig. Die Richter ordneten die Rückkehr des im November 2012 entlassenen obersten Strafverfolgers Abdel Meguid Mahmud an.

Nachdem am Montag bereits fünf Minister ihren Rücktritt eingereicht hatten, folgte Außenminister Mohammed Kamel Amr, was die politische Krise noch verschärft.

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