Die Wahrheit: Hühnerbrust im Dekolleté
Was tun, wenn sich Männerblicke beim Anblick von persönlichen Milch-Zapfstellen plötzlich verkeilen?
Was ist denn mit Klaus los?“, fragt Gisela und schaut zu unserem Begleiter, der bereits eine ganze Weile abwesend eine Gabel voll Kokoshuhn vor seinem halb geöffneten Mund in der Schwebe hält. Sylvia lässt ihre Augen schweifen, um herauszufinden, wo sein Blick sich verkeilt hat, und zischt dann: „Das darf nicht wahr sein. Was meint ihr, was hier los wäre, wenn ich meine auch auspacke!?“
Matilde, Gisela und ich recken unsere Hälse und entdecken den Grund ihres Gemeckers. Die junge Mutter in Klaus’ Blickrichtung hat sich halb entblößt, um ihr Kind demonstrativ an die persönliche Zapfstelle anzustöpseln.
„Ich weiß gar nicht, was du hast. Das ist doch süß“, stellt Klaus fest, während er aus Tagträumen von Milch und Honig erwacht, „außerdem essen wir auch.“ Mit einem wohligen Lächeln stopft er sich die Gabel in den Mund.
„Ja: Essen – genau!“, giftet Sylvia. „Der Zwerg da ist bald groß genug, um einen Hühnerschenkel abzunagen. Der kriegt schon Zähne, der muss nicht mehr gestillt werden. Und schon gar nicht hier!“ Wir Damen nicken und stochern eine Weile schweigend im Reis.
„Es ist ja nicht so, dass ich keine Busen mag“, sagt Matilde schließlich, die, wie wir wissen, Busen durchaus reizvoll findet, „nur ist es nicht süß, wenn ich ungefragt zuschauen muss, wie andere vor meiner Nase daran herumnuckeln.“ Sie sieht uns an, und wir nicken wieder. Klaus hingegen schwadroniert begeistert über Urweiblichkeit, Stillen als positive Bindung und Allergieprävention.
„Quatsch, für mich ist das nicht urweiblich, sondern Zwangsvoyeurismus“, meckert Sylvia, „und mit Bindung hat es nur insofern zu tun, dass sich auch diese Mami später mit Sicherheit beklagen wird, wenn ihr kleiner Scheißer partout nicht ausziehen will, weil er zu faul ist, Kaffee zu kochen und die Waschmaschine zu bedienen. Wofür gibt es denn Müsliriegel? Ab ins Maul und Ruhe ist!“
Nein, wir haben mit Busen wirklich kein Problem. Wir haben selbst einen, und wir wissen, wie wir ihn zum Hingucker tunen können. Faken, pushen, all so was. „Aber glaubt mir, bei all den Quarkmasken, die ich in den letzten Jahren auf mein Dekolleté geschmiert habe – so viel Wohlwollen würde ich nicht mal ernten, wenn ich drei Knöpfe zu viel aufließe.
Bei mir würde er das nicht urweiblich nennen, sondern Verzweiflung“, wettert Sylvia und richtet ihre Gabel drohend auf Klaus. „Das hast du nur mit Quark hinbekommen?“, frage ich überrascht und werfe einen prüfenden Blick auf Sylvias faltenfreien Ausschnitt. „Klar, Proteine wirken Wunder“, sagt sie stolz.
Die junge Mutter nebenan wirft sich halbherzig ihre Bluse über, was Klaus mit Bedauern registriert. Dann nimmt sie das Kind hoch, das spontan mit einem Rülpser einen Milchschwall über sie ergießt. Während sie zur Serviette greift und hingebungsvoll ihre Brust trocken tupft, ist auch von Klaus ein leises Würgen zu hören. Angewidert wendet er sich ab. Wir grinsen. „Hab ich’s nicht gesagt“, stellt Sylvia zufrieden fest, „Proteine im Dekolleté wirken echt Wunder.“
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