Kämpfe im Kongo: Die Schlacht der „Drei Antennen“

Nicht nur die UN-Angriffe auf Rebellen werden heftiger, auch grenzüberschreitende Artillerieduelle werden gemeldet. Auch in Ruanda gab es Tote.

Geschosse kennen keine Grenze: Nur diese Schranke trennt die kongolesische Stadt Goma von der ruandischen Stadt Gisenyi. Bild: reuters

BERLIN taz | Es sind die heftigsten Kämpfe in der Demokratischen Republik Kongo seit Jahren. Mit ukrainischen Kampfhubschraubern im Tiefflug, tansanischer Artillerie sowie südafrikanischen Spezialeinheiten und Scharfschützen in Unterstützung kongolesischer Bodentruppen geht die UN-Mission im Kongo (Monusco) nördlich der Provinzhauptstadt Goma gegen die Rebellen der M23 (Bewegung des 23. März) vor.

Ein tansanischer Soldat ist nach UN-Angaben ums Leben gekommen, mindestens ein Südafrikaner wurde verwundet. Kongolesische Opfer zählt niemand. Alle Seiten bestätigen die Intensität der Kämpfe. Selbst die UN-Truppe sagt, sie habe sämtliche verfügbaren Mittel in diese Schlacht geworfen.

Es geht um die Kontrolle der Hügel von Kibati im Ostkongo direkt an der Grenze zu Runda. Von dort kann entweder die M23 mit ihrer Artillerie die Millionenstadt Goma 15 Kilometer südlich beschießen – oder Regierung und UNO können die Rebellengebiete weiter nördlich ins Visier nehmen und jeden erneuten Vorstoß der M23 Richtung Goma im Ansatz vereiteln.

Die fast schon mythische Stellung der „Drei Antennen“, benannt nach drei riesigen, mittlerweile zerschossenen Telefonmasten, ist zudem in Reichweite ruandischer Artillerie. Wer hier steht, kontrolliert nicht nur das Umland, sondern auch den Zugang nach und aus Ruanda.

Die M23-Soldaten kennen die Region besser

Die Armeeoffensive begann vor gut einer Woche und wird seit dem Wochenende aktiv von der neuen tansanisch-südafrikanischen UN-Interventionsbrigade unterstützt. Doch scheint die M23 nicht vertrieben worden zu sein. Den spärlichen vorliegenden Angaben zufolge – unabhängiger Zugang zur Front ist nicht möglich – bewegt sich die Front „in Metern“.

Die M23-Soldaten sind hier zu Hause, anders als die Ukrainer, Tansanier und Südafrikaner; das Gelände aus vulkanischen Gestein mit hohem Gestrüpp bietet ideale Bedingungen für mobile Heckenschützen.

Ein Armeevorstoß bis in den Kern des an der Straße lang gestreckten Orts Kibati hinein scheint steckengeblieben, wenn nicht gar zurückgeschlagen worden zu sein. Die Rebellen wiederum sind noch nie so heftig beschossen worden und geben vor allem Durchhalteparolen aus. Beide Seiten tönen, sie würden nicht zurückweichen, was man normalerweise nur sagt, wenn man nicht vorankommt.

Donnerstagmittag behauptete Kongos Armee über soziale Netzwerke, Ruanda sei nun „offiziell“ zur Unterstützung der M23 im Kongo einmarschiert. Augenzeugen fanden dafür in Goma allerdings keine Bestätigung. Die Stimmung in der Stadt ist latent angespannt, nachdem seit rund einer Woche immer wieder Mörsergranaten auf Goma fallen, mutmaßlich von den M23-Artilleriestellungen von Kibati aus. Mehrmals gab es Tote. Zuletzt starb am Mittwochabend ein Mensch, zwölf wurden verletzt.

Tote und Verletzte in Ruanda

Erstmals in dieser Auseinandersetzung gab es am Donnerstag auch Tote und Verletzte in Ruanda, in der direkt an Goma anschließenden ruandischen Grenzstadt Gisenyi. Auf einem Markt tötete ein Geschoss aus dem Kongo eine Frau und ihr Kleinkind; ein weiteres Geschoss landete am Vormittag in einem Garten am Seeufer und soll einen Verletzten gefordert haben.

Seit gut einer Woche wird das ruandische Grenzgebiet alle paar Tage aus dem Kongo heraus beschossen. Ruanda macht Kongos Regierung verantwortlich. Kongos Regierung macht die M23 verantwortlich. Die M23 macht Kongos Regierung sowohl für den Beschuss von Gisenyi als auch für den von Goma verantwortlich. Die UN-Mission – die zunächst auch auf die M23 gezeigt hatte – sagt, sie wisse, wer verantwortlich ist, sei aber nicht dafür zuständig, es zu sagen.

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