Kommentar Visumpflicht für Türken: Enttäuschendes Urteil

Auch der Europäische Gerichtshof erklärt Türken zu Gästen zweiter Klasse. Das ein Sieg für die Bundesregierung – und völlig überflüssig.

Türken bleiben in Europa Gäste Zweiter Klasse. Als sie gegen die Polizeigewalt demonstrierten wurden sie noch gefeiert. Bild: dpa

Türken bleiben auch weiterhin Gäste zweiter Klasse. Während selbst Serben und Mazedonier inzwischen visafrei in die EU einreisen können, müssen sie weiterhin vorab ein Visum beantragen. Auch der Europäische Gerichtshof (EuGH) wollte daran nichts ändern.

Das Urteil ist enttäuschend. Denn in vielen bisherigen Urteilen hatte der EuGH die Rechte von Türken in der EU verbessert. Auch in der Visumsfrage hatten Juristen überwiegend mit einem türkenfreundlichen Urteil gerechnet.

Grüne und Linke haben die Bundesregierung seit Jahren angegriffen, dass sie mit ihrer rigiden Linie EU-Recht missachte. Jetzt ist dieser Argumentation der Boden entzogen. Für die Bundesregierung ist das Urteil dagegen ein Sieg. Sie hatte immer gemahnt, dass man EuGH-Urteile nicht vorschnell auf andere Sachverhalte übertragen dürfe.

Nachdem jetzt der Versuch gescheitert ist, die Visumspflicht auf juristischem Weg zu kippen, liegt der Ball wieder im politischen Feld. Die EU könnte jederzeit die Visumspflicht für Türken aufheben. Wenn sich die Bundesregierung dafür einsetzen würde, wäre dies ein wichtiges politisches Signal. Und es darf dann nicht nur um Erleichterungen für Geschäftsleute gehen. Die Türkei ist nicht nur ein wichtiger Handelspartner der EU, auch die türkischen Bürger gehören zu Europa und sollten frei reisen können.

Es ist aber zu befürchten, dass die EU aus Angst vor unerwünschter Einwanderung weiterhin restriktiv bleibt und so die sich schrittweise vollziehende Abkehr der Türkei von Europa weiter befördert. Auch innenpolitisch ist der rigide Kurs gefährlich. Dass Türken bei der Reisefreiheit weiter benachteiligt werden, ist für die hier bereits lebenden Türken nur ein neuer Beweis, dass sie nicht wirklich willkommen sind.

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Geboren 1965, Studium in Berlin und Freiburg, promovierter Jurist, Mitglied der Justizpressekonferenz Karlsruhe seit 1996 (zZt Vorstandsmitglied), Veröffentlichung: „Der Schiedsrichterstaat. Die Macht des Bundesverfassungsgerichts“ (2013).

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