Verfahren gegen sächsische Polizisten: Der Knüppel musste aus dem Sack

Die Ermittlungen wegen Übergriffen bei der Dresdner Demo im Februar 2011 sind eingestellt. Die Zwangsanwendung war nötig, sagt die Staatsanwaltschaft.

Später wurde es noch ungemütlicher: Polizisten bei der Dresdner Demo am 19.2.2011. Bild: dpa

DRESDEN taz | Zwei sächsische Polizeimeister, die bei den Anti-Nazi-Demonstrationen vom 19. Februar 2011 in Dresden Schlagstöcke eingesetzt hatten, bleiben unbehelligt. Wegen „erwiesener Unschuld“ stellte die Staatsanwaltschaft Dresden das Ermittlungsverfahren gegen die beiden Beamten jetzt ein.

Nach der Vorführung eines Videos im Prozess gegen den Jenaer Jugendpfarrer Lothar König vor dem Amtsgericht Dresden hatten sowohl dessen Verteidiger Johannes Eisenberg als auch eine anonyme Person Anzeige wegen des Verdachts auf Körperverletzung im Amt erstattet. Auch die Staatsanwaltschaft ermittelte von Amts wegen.

2011 war es im Zusammenhang mit dem Missbrauch des Dresdner Zerstörungsgedenkens durch marschierende Nazis zu heftigen Krawallen gekommen. Von einigen Gegendemonstranten wurden am 19. Februar 2011 auch Polizisten attackiert und Barrikaden errichtet. In der Desdner Südvorstadt klammerte sich ein flüchtender Steinewerfer an den Kleinbus von Lothar König.

Daraus konstruierte die Anklage gegen den Jugendpfarrer – neben anderen Punkten – auch den Vorwurf der Fluchthilfe. König fuhr jedoch so langsam, dass Polizisten trotz voller Schutzausrüstung den Wagen mühelos einholen konnten. Ein von der Jungen Gemeinde Jena gefilmtes Video belegt anschließend mindestens zwei Stockschläge auf Kopf und Rücken, woraufhin der Flüchtende vom Wagen fiel.

Keinerlei Traumata festgestellt

Veit W. ist wegen seines Steinwurfs inzwischen zu einer Jugendstrafe von zehn Monaten verurteilt worden, die zur Bewährung ausgesetzt wurde. Der Einstellungsbescheid der Dresdner Staatsanwaltschaft im Verfahren gegen die beiden beteiligten Polizisten bescheinigt diesen nun, „nur ein Mindestmaß an unmittelbarem Zwang ausgeübt zu haben“.

Die Schläge seien bewusst wirkungsmindernd ausgeführt worden. Eine ärztliche Untersuchung habe später auch keinerlei Traumata festgestellt. In der nur wenige Sekunden dauernden Auseinandersetzung sei Veit W. schließlich durch einen Griff an die Jacke vom Auto und seinem darin befindlichen Bruder getrennt worden.

Wegen des vorausgegangenen Steinwurfs seien die Beamten nicht nur berechtigt, sondern auch verpflichtet gewesen, W. unter Zwangsanwendung festzunehmen, betont die Staatsanwaltschaft. In der Hauptverhandlung gegen Lothar König hatte sich der Vorgesetzte der beiden Polizisten, Bert W., in Widersprüche auf die Frage hin verstrickt, ob der Täter zuvor angerufen wurde. Dies sei nicht erforderlich gewesen, erklärt die Staatsanwaltschaft nun. „Auch bei kritischster Würdigung“ könnten die Vorwürfe gegen die Polizisten nicht aufrechterhalten werden.

Kerstin Köditz, Sprecherin für antifaschistische Politik der Linken im Sächsischen Landtag, spricht hingegen von einem „erschreckenden Maß an Gewalt“ bei der Festnahme. Die Staatsanwaltschaft messe offenbar mit zweierlei Maß. Denn nicht nur die Gewalt gegen Polizisten habe zugenommen, sondern auch die Neigung einiger polizeilicher „Rambos“ zu Übergriffen im Dienst. Die Linke erneuerte ihre bislang abgelehnte Forderung nach einer unabhängigen Polizei-Ombudsstelle, wie sie beispielsweise im benachbarten Sachsen-Anhalt eingerichtet wurde.

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