"South Park" auf der Bühne: Der schwarz geschminkte Führer
Am Jungen Schauspiel Hannover bringt Regisseur Malte C. Lachmann eine ganz eigene Version der Zeichentrickserie „South Park“ auf die Bühne.
HANNOVER taz | Wer dabei an „South Park“ denke, liege nicht ganz falsch, sagt Malte C. Lachmann: Mit der Comic-Trash-Revue „Süd Park“, die jetzt am Schauspiel Hannover Premiere hat, wolle er sich auseinandersetzen mit der in Deutschland vorherrschenden Political Correctness. Die bitterböse Zeichentrickserie aus den USA sei Inspiration, aber die Umsetzung orientiere sich an deutschen Verhältnissen: „Hier sind“, sagt Lachmann, „andere Themen relevant als in Amerika.“
„South Park“ läuft seit 1997 ununterbrochen im US-Fernsehen. Die Hauptfiguren sind vier acht- bis neunjährige Jungen, Schüler in einer typischen US-amerikanischen Kleinstadt namens South Park. Durch die Augen der Kinder erlebt der Zuschauer eine zugespitzte Auseinandersetzung mit amerikanischen Realitäten, mit einer nur scheinbar gerechten Welt gnadenloser Erwachsener.
Subversive Botschaften
Ob beim Thema Homosexualität, Rassismus oder Frauenrechte: Die Macher von „South Park“, Trey Parker und Matt Stone, provozieren gerne. Immer wieder unterläuft die Serie die verbalen Kompromisse einer Sprache, die Missstände eher manifestiert, statt sie zu verändern. Wegen ihres derben Humors – aber mehr noch wegen ihrer subversiven Botschaften – ist die Serie für Kinder nicht geeignet.
Aber auch Erwachsenen hilft kritische Distanz dabei, die betont politisch unkorrekte Oberfläche nicht fälschlicherweise ernst zu nehmen. Insofern kann der Humor von „South Park“ mit dem von Harald Schmidt in seinen schwärzesten Zeiten verglichen werden: Als er mit seinen Witzen über Polen oder türkischen Putzfrauen die unterschwellige Fremdenfeindlichkeit der Deutschen nicht zu bedienen, sondern erst offen zu legen suchte.
In Deutschland fehle genau so eine Serie, die den Auswüchsen einer wirkungslosen, nur sprachlichen Political Correctness den Spiegel vorhalte, sagt Lachmann. So habe ihn etwa die jüngste Debatte um das sogenannte „Blackfacing“ besonders inspiriert: In der ging es letztlich um die Frage, ob hellhäutige Schauspieler sich auf der Bühne schwarz schminken dürfen – freilich eine Methode mit einer rassistischen Tradition.
„Alles erlaubt“
„Das Theater ist ein Raum, in dem alles erlaubt ist“, findet nun Lachmann. Am Streit um das Blackfacing nennt er „besorgniserregend“, dass „plötzlich bestimmte Dinge verboten sind“ – genau dann werde es aber gefährlich.
Malte C. Lachmann, geboren 1989 im hessischen Marburg, studierte Regie für Sprechtheater und Oper in München. Mit seiner Inszenierung von „Schwarze Jungfrauen“ von Feridun Zaimoglu und Günter Senkel gewann er 2012 das Körberstudio Junge Regie. Inzwischen arbeitet er am Thalia Theater in Hamburg, dem Schauspielhaus Bochum, dem Staatsschauspiel Dresden, in Gießen und in Osnabrück.
Ob seine South-Park-, nein, „Süd Park“-Figuren nun in Hannover auf der Bühne mit schwarzer Schminke hantieren werden, lässt Lachmann offen. Das Plakat immerhin zeigt einen schwarz geschminkten Hitler – was aber „die Presseabteilung verbrochen“ habe, wie Lachmann unterstreicht.
Er wolle seinen Revue-Abend nicht als bewusste Provokation verstanden wissen – so wie ja auch das Vorbild nicht ausschließlich auf Provokationen setze. „Wir decken bestimmte Dinge auf und zeigen, wie bestimmte Debatten verlaufen“, sagt Lachmann. Er weiß aber auch: Gerade diese Auseinandersetzung mit der Realität kann extrem provozierend wirken.
Stilistisch komme man den amerikanischen Vorbild auf der Bühne „so nahe, wie für die ästhetische Auseinandersetzung mit dem Stoff auf der Bühne interessant ist“. Die Figuren, wenn auch nicht dieselben wie in der Vorlage, seien trotzdem wiedererkennbar. „Stan Marsh, Kyle Broflovski, Eric Cartman und Kenny McCormick gibt es bei uns nicht, sondern nur Stän, Keil, Kartmän und Kenni.“
Zweidimensionale Figuren
Begleitet wird der Abend von einem Live-Pianisten, der eigens für „Süd Park“ Musicalnummern und Szenenmusiken geschaffen hat. Auch die Stapelmethode der Comicfilme der Vor-Computerära wird im Bühnenbild deutlich wiederzuerkennen sein: Die Schauspieler – Tina Haas, Henning Hartmann, Dominik Maringer und Peter Sikorski – haben spezielle Bewegungsabläufe erarbeitet, um den zweidimensionalen „South Park“-Figuren nahe zu kommen. Die Annäherung an die Comic-Ästhetik sei aber nur ein Mittel zum Zweck, sagt der Regisseur: „Uns geht es um die Auseinandersetzung mit Inhalten.“
■ Premiere: Montag, 30. Dezember, 19.30 Uhr, Hannover, Ballhof Zwei. Nächste Vorstellungen: 10., 16. und 29. Januar
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Machtkämpfe in Seoul
Südkoreas Präsident ruft Kriegsrecht aus
Christian Lindner
Die libertären Posterboys
Nikotinbeutel Snus
Wie ein Pflaster – aber mit Style
Israel, Nan Goldin und die Linke
Politische Spiritualität?
Olaf Scholz’ erfolglose Ukrainepolitik
Friedenskanzler? Wäre schön gewesen!
Comeback der K-Gruppen
Ein Heilsversprechen für junge Kader