Tempelhofer Feld in Berlin: Park statt Öko-Stadtvillen

Bis Montag sammeln Aktivisten Unterschriften zugunsten eines Parks auf dem ehemaligen Flughafen Tempelhof. Die Alternative: 5000 neue Wohnungen.

Nicht nur die Freizeitkicker profitieren von der Freifläche, auch Vögel wie Grauammern, Brachpiepern und Waldohreulen. Bild: imago

BERLIN taz | Berlin diskutiert über die Zukunft des ehemaligen Flughafens Tempelhof. Anwohner und Aktivisten sammeln Unterschriften, damit das Gelände ein Park bleibt und nicht bebaut wird. 150.000 Unterschriften hatte ihre Initiative „100 Prozent Tempelhofer Feld“ nach eigenen Angaben vom Freitag bisher gesammelt. Wenn es bis Montag 173.000 Unterschriften werden, kommt es zur landesweiten Volksabstimmung. Und bei der geht es nicht nur um einen Park, sondern auch um die Frage, was Berlin gegen steigende Mieten unternimmt.

Seit dem Jahr 2000 stieg die Einwohnerzahl Berlins um rund 170.000. Durch die höhere Nachfrage nach Wohnraum ziehen die Mieten derzeit im Schnitt um drei Prozent jährlich an. Mieter mit bestehenden Verträgen sind zwar vor allzu dreisten Mietsteigerungen geschützt. Aber bei neuen Verträgen nach einem Umzug gilt die Bindung an den Mietspiegel nicht – die Vermieter können verlangen, was sie wollen.

Die Preise, zu denen Wohnungen für Neuvermietungen angeboten wurden, stiegen 2013 im Vergleich zum Vorjahr um 14 Prozent. Das Problem wird sich vermutlich weiter verschärfen. Laut Prognose der Landesregierung soll die Zahl der Einwohner in den nächsten 16 Jahren noch einmal um 250.000 steigen.

Stadtentwicklungssenator Michael Müller (SPD) will der steigenden Nachfrage mit einem steigenden Angebot begegnen. Ein Entwicklungsplan sieht 10.000 neue Wohnungen pro Jahr vor, davon sollen bis zu 5.000 auf dem Tempelhofer Feld gebaut werden. „Wir werden unseren Bedarf nicht allein durch Lückenschluss und Verdichtung der Bebauung befriedigen können“, so Müller.

Zentral gelegen

Aus Sicht der Landesregierung ist der Vorteil dieses Standorts, dass er recht zentral liegt. Die Wege zur Arbeit sind kurz, was die Verkehrsbelastung verringert. Und das Gebiet ist bereits gut erschlossen: Direkt neben dem Feld gibt es eine U-Bahn-Linie, eine S-Bahn-Linie und eine Autobahn.

Der Parkcharakter soll erhalten bleiben, indem nur 58 Hektar am Rand bebaut werden. Der Rest soll frei bleiben, so Müller: „Mit mir wird es eine Bebauung dieser 230 Hektar nicht geben.“

Die Wohnungen auf dem Feld würden landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften und privaten Baugruppen gehören. Die Hälfte davon solle für mittlere und untere Einkommensgruppen bezahlbar sein, sagte Müller. Das bedeute Nettokaltmieten zwischen sechs und acht Euro pro Quadratmeter. Bei den übrigen Wohnungen seien um die zehn Euro pro Quadratmeter zu erwarten.

Die Initiative „100 Prozent Tempelhofer Feld“ will mit ihrem Volksentscheid jede Bebauung verhindern. Es sei „unsozial, eine öffentliche Fläche mit öffentlichen Geldern zu zerstören, um einigen Wenigen eine Exklusivnutzung und das Abschöpfen von Gewinnen zu ermöglichen“, heißt es in ihrem Aufruf.

Ziel Volksabstimmung

Die Initiatoren glauben den Ankündigungen der Landesregierung nicht. Sie befürchten, dass die Mietpreise der Wohnungen am Ende deutlich teurer werden. Und dass die Bebauung des Randes nur der erste Schritt ist. Später könnten auch mitten auf dem Feld „ruhig gelegene elegante Öko-Stadtvillen“ entstehen, heißt es in einer ihrer Präsentationen: „Prestige für PolitikerInnen, Rendite für InvestorInnen“.

Stattdessen will die Initiative „das Tempelhofer Feld in seiner Qualität als Ort der Erholung, als kulturhistorisches Denkmal und als Schutzraum für Pflanzen und Tiere erhalten“. Denn nicht zuletzt sei das Feld auch Lebensraum von geschützten Vögeln wie Grauammern, Brachpiepern und Waldohreulen.

Wenn genügend Unterschriften zusammenkommen, kommt es im Mai oder Juni zu einer landesweiten Volksabstimmung. Damit der Gesetzentwurf der Feldfreunde angenommen wird, müssen 25 Prozent der wahlberechtigten Berliner mit Ja stimmen. Bisher hat erst ein Volksentscheid diese Hürde geknackt: Im Februar 2011 stimmten die Berliner für die Veröffentlichung der Verträge, mit denen die Wasserbetriebe privatisiert wurden.

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