Erdogan besucht EU in Brüssel: Weiter uneinig

Der türkische Premier besucht die EU. Doch anstatt sich beim Thema freie und unabhängige Justiz anzunähern, rücken beide Seiten noch weiter auseinander.

Einig sind sie sich nicht. Bild: reuters

BRÜSSEL dpa | Die Europäische Union ist auch nach einem Treffen mit dem türkischen Regierungschef Recep Tayyip Erdogan „besorgt“ über den Druck der türkischen Regierung auf Richter, Staatsanwälte und Polizisten. Sowohl EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso als auch Ratspräsident Herman Van Rompuy betonten am Dienstag in Brüssel die Bedeutung der Gewaltenteilung und der Unabhängigkeit der Justiz. Erdogan sagte vor Journalisten, auch er sei grundsätzlich für Gewaltenteilung – allerdings dürfe die Justiz keine „gesonderte Macht“ im Staate werden.

Erdogans Visite in Brüssel war überschattet von vorheriger Kritik der EU an Versetzungen von Polizisten und Staatsanwälten in der Türkei, nachdem die Justiz im vergangenen Dezember Ermittlungen gegen politische Vertraute des Ministerpräsidenten wegen Korruption eingeleitet hatte.

„Wir sind besorgt über die jüngsten Ereignisse in der Türkei“, sagte Barroso. „Als aufrichtiger Freund und Partner habe ich Ministerpräsident Erdogan diese Sorgen übermittelt“, sagte Barroso. Er bezeichnete die Unterhaltung mit Erdogan als „offen und freimütig“.

Van Rompuy sagte, die Türkei sei als Beitrittskandidat verpflichtet, „die politischen Kriterien für einen Beitritt einschließlich der Rechtsstaatlichkeit und der Gewaltenteilung zu respektieren“. Die Regierung in Ankara müsse dafür sorgen, dass die Justiz des Landes „ohne Diskriminierung oder Bevorzugung transparent und unparteiisch funktionieren kann“.

Erdogan weist Vorhaltungen zurück

Erdogan wies die Vorhaltungen zurück: „Alle demokratischen Länder glauben an die Gewaltenteilung. Und was die Gewaltenteilung angeht, so war das für Länder, die an Demokratie glauben, nie ein Problem. Auch wir glauben daran.“ Er fügte dann hinzu: „Wenn die Justiz ihre Macht in nicht-unabhängiger Weise benutzen will, dann könnte das Probleme schaffen.“ Daher müsse das Parlament „sicherstellen, dass die Prinzipien von Unparteilichkeit und Unabhängigkeit der Justiz voll angewendet werden“.

„Die höchste Macht ist die Macht des Volkes“, sagte Erdogan. „Wenn wir die Justiz als gesonderte Macht betrachten, dann würde das zu einem Land unter der Herrschaft der Justiz führen und nicht zur Demokratie.“

Zu einem Gesetz über die Arbeit des Richterbundes, das nach Ansicht von Kritikern die Unabhängigkeit der Justiz gefährdet, sagte Erdogan: „Die Justiz sollte nicht ihren festgelegten Auftrag und ihr Mandat überschreiten. Das ist es, was wir in der Türkei machen.“ Alles andere sei „Falschinformation und Desinformation“.

Erdogan, Barroso und Van Rompuy bekundeten ihre Hoffnung, dass die Beitrittsverhandlungen zwischen EU und Türkei in diesem Jahr besser als bisher vorankommen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.