Verdächtiger Spitzenfunktionär: Agrareminenz macht windige Geschäfte

Landgericht Verden verhängt im Zivilverfahren gegen Bauernverbands-Größe Lothar Lampe 4,5 Millionen Euro dinglichen Arrest - während strafrechtliche Ermittlungen auf der Stelle treten

Wer Wind erntet, will Geld haben Bild: dpa

DIEPHOLZ / VERDEN taz | Momentan prüft wieder die Staatsanwaltschaft Verden die Akten. Die war zunächst wegen des Wohnortprinzips zuständig gewesen, dann hatte das auf Wirtschaftskriminalität spezialisierte Dezernat in Stade den Fall übernommen. Doch dessen Ermittler fanden deutliche Hinweise darauf, dass es im Fall des Lothar Lampe in beträchtlichem Umfang um Bestechung geht. „Und dafür“, so ihr Sprecher Kai Thomas Brea, „ist dann wieder Verden zuständig.“ Verden ist eine der zwei niedersächsischen Zentralstellen für Korruptionsstrafsachen.

Mit Windpark- und Grundstücksgeschäften hat der 68-jährige Lampe, irgendwo zwischen den Straftatbeständen Untreue und Vorteilsannahme, viel Geld bewegt. Dabei war der ehemaliger Spitzenfunktionär des Deutschen Bauernverbandes (DBV), langjährige Vorsitzender des Diepholzer Landvolk-Kreisverbandes und übers FDP-Ticket mehr als 25 Jahre Vizebürgermeister der Gemeinde Drentwede ganz sicher nicht allein: Ermittelt wird derzeit auch gegen den ehemaligen Geschäftsführer des Diepholzer Landvolks und den Steuerberater. Von mehr als zehn Millionen Euro Schaden wird mittlerweile ausgegangen.

Landgericht sichert Vermögen

Die großen Summen bewegte Lothar Lampe wohl vor allem über die Landvolk Betriebs GmbH Sulingen (vormals Barver), beim Amtsgericht Walsrode registriert unter HRB 100373. Bis zum 28. Februar 2012 war Lampe ihr alleinvertretungsbefugter Geschäftsführer. Sie war - laut Jahresabschluss 2012 - als Komplementärin an folgenden Windpark-Gesellschaften beteiligt: Windpark Barver Süd I KG Windpark Barver Süd II KG Windpark Barver Süd III KG Windpark Barver Süd IV KG Windpark Barver Süd V KG Windpark Wietzen KG Windpark Scholen KG Windpark Stocksdorf KG Windpark Lemförde KG I Windpark Lemförde KG II Windpark Schwaförden KG Windpark Päpsen KG Windpark Dillenberg KG Windpark Barnstorf KG Windpark Wetscher Bruch KG I Windpark Wetscher Bruch KG II Windpark Wetscher Bruch KG III Windpark Wetscher Bruch KG IV Windpark Wetscher Bruch KG V Windpark Wetscher Bruch KG VI

Das ist mehr als das Vierfache des Betrags, der zu Beginn des Skandals im Frühsommer genannt worden war. Die Summe passt aber zweifellos besser zum dinglichen Arrest im Gegenwert von 4,5 Millionen Euro, den das Landgericht Verden laut Kreiszeitung am Montag in der Zivilsache Landvolkverband gegen Lampe festgesetzt hat.

Dinglicher Arrest bedeutet: Das Gericht hält eine Schadenshöhe in dieser Höhe für glaubhaft und sichert die entsprechende Vermögensmasse, damit sich der Beklagte im Falle eines Urteils gegen ihn nicht per Insolvenz vorm Zahlen drücken kann.

Dubiose Millionen-Spenden

Dem entspricht das Volumen von Lampes Geschäften. Denn der hatte, begünstigt von seiner unangefochtenen Position im Bauernverband, den Schwerpunkt seiner Aktivitäten von der industriellen Schweinemast nach und nach auf Windkraft verlagert.

Und so sind neben Millionen-Spenden einer Landvolk Dienstleistungs GmbH (LDG) an Bauernverbands-Tochterorganisationen nun vor allem Unregelmäßigkeiten in der Landvolk Betriebs GmbH (LBG) und bei den Transaktionen zwischen diesen beiden Gesellschaften in den Blick gerückt.

Deren alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer war jeweils der Landvolk-Kreisvorsitzende – sprich: Lothar Lampe, Träger der Andreas-Hermes-Medaille des DBV und langjähriger Präsident der landwirtschaftlichen Arbeitgeberverbände.

Windparks in Hülle und Fülle

Die LBG nämlich hat mehr als 20 Windparks errichtet – jeweils in Gestalt einer eigenen GmbH & Co. KG: Dabei trat sie als Komplementärin, also persönlich haftende Gesellschafterin auf. Die Kommanditisten-Anteile erfuhren eine Wertsteigerung von bis zu 4.500 Prozent.

Dabei kooperierte man aufs Engste mit der West-Wind GmbH, der für Beratungs- und Vermittlungstätigkeiten von der LBG Honorare in Millionenhöhe überwiesen wurden – mitunter noch bevor die jeweiligen Anlagen gebaut waren.

Umgekehrt revanchierte man sich wohl dort bei Lampe für dessen Hilfestellung. Und mindestens in zwei Fällen wurden Strommühlen-Anlagen sogar nur zwischen LBG und LDG hin und her geschoben – mit Preisschwankungen von je 400.000 Euro, eine Differenz, die irgendwo versickert sein muss.

Lampe und die Bauernverbandskassen

Lampe schweigt zu den Vorwürfen. Und während der Zivilprozess am 19. Mai beginnen soll, steht noch in den Sternen, wann die strafrechtlichen Ermittlungen abgeschlossen sein werden.

Das Geschäftsgebaren des Mannes ist zugleich von erheblicher Bedeutung: Der 68-Jährige hatte bis ins Jahr 2011 entscheidende Funktionen im Vorstand des Spitzenverbandes der landwirtschaftlichen Sozialversicherung, in der Zusatzversorgungskasse sowie im Zusatzversorgungswerk für Arbeitnehmer in der Land- und Forstwirtschaft inne.

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