Berlinale Staralbum: Ralph Fiennes: Der kurz Erwachte
Ralph Fiennes ist das neueste Mitglied der Wes-Anderson-Familie – doch auf dem Podium ist von der Noblesse seiner Figur wenig zu spüren.
Jeder Wes-Anderson-Film ist ein Staralbum für sich: Da macht auch der Eröffnungsfilm „Grand Budapest Hotel“ keine Ausnahme: Adrien Brody, Willem Dafoe, Jeff Goldblum, Harvey Keitel, Jude Law, Bill Murray, Edward Norton, Léa Seydoux, Jason Schwartzman, Tilda Swinton, Owen Wilson – wenn Anderson ruft, kommen sie alle und die meisten auch gern wieder. Bill Murray etwa hält Anderson seit „Rushmore“ die Treue, auch Jason Schwartzman und Owen Wilson waren in fast jedem seiner Filme dabei.
Acht seiner Darsteller begleiten Wes Anderson auf die Berlinale, wie eine Anderson-typisch schräge Familie sitzen sie vor den Journalisten auf dem Podium im Grand Hyatt am Potsdamer Platz. Gleich rechts neben Anderson sitzt Ralph Fiennes, das neueste Familienmitglied. „Grand Budapest Hotel“ ist sein Film, wie das titelgebende Hotel das seiner Figur M. Gustave H. ist. Der Concierge ist die Sonne dieses Universums, angebetet von solventen älteren Damen, die nur seinetwegen immer wieder den fiktiven Luftkurort Nebelsbad in der ebenso fiktiven Sowjetrepublik Zubrowka besuchen.
Die Pressekonferenz aber gehört Bill Murray, der offenbar leicht am Kopf friert: Er trägt eine Wollmütze. Dem kleinen Auftritt im Film folgt hier ein ungleich größerer. Während Murray über seine Beziehung zu Anderson witzelt („Die Romanze ist vorbei“), hängt Fiennes, mit Holzfällerbart und Jeanshemd, also längst nicht so elegant wie im Film, mit krummem Rücken in seinem Stuhl – offenbar sein Standby-Modus. Da sich angesichts von Kollegen wie Murray oder Tilda Swinton kaum jemand für den 51-Jährigen interessiert, bleibt das auch die meiste Zeit so.
Von der seiner Figur angeborenen Noblesse ist wenig zu spüren. Er habe „die Rolle mit Ralph im Kopf geschrieben“, sagt Regisseur Anderson, für ihn „so ziemlich der einzige“, der Gustave hätte spielen können. Die Herausforderung sei es gewesen, dass die Rolle nicht zur Karikatur wird. „Trotz all seiner Theatralität sollte er wirken wie eine reale Person – eine reale Person in einem fantastischen Kontext.“ Fiennes, kurz aufgewacht, bedankt sich artig für die „fantastische Rolle“.
Zum Schluss noch eine Fachfrage: Wie zufrieden ist Ralph Fiennes mit dem Service in seinem Grand Berlin Hotel? „Der Service im Adlon ist exquisit“, sagt er. „Es gäbe da nur ein paar kleine Dinge“ – auf die er dann aber doch lieber nicht eingeht. Soo gut kennt er sich offensichtlich doch nicht aus.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
James Bridle bekommt Preis aberkannt
Boykottieren und boykottiert werden
Stromversorgung im Krieg
Ukraine will Atomkraft um das Dreifache ausbauen
Umweltfolgen des Kriegs in Gaza
Eine Toilettenspülung Wasser pro Tag und Person
Krise der Linke
Drei Silberlocken für ein Halleluja