Google-Hoax auf der re:publica: Nix mit Nest
Auf der Internetkonferenz re:publica sollte Google sein neues Produkt Nest vorstellen. Die Vorstellung wurde zur Performance einiger Aktivisten.
BERLIN taz | Drohnen, die auf Menschen aufpassen, Programme, die die Bedürfnisse der User erkennen. Google stellte am zweiten Nachmittag der re:publica seine neuen Produkte von Google Nest vor.
„Google Trust“ soll bei Hacking informieren, „wir wollen das Vertrauen der Nutzer zurückgewinnen“, sagten die Moderatoren Paul von Ribbeck und Gloria Spindle. Die Funktion „Google Hug“ soll durch die Analyse der digitalen Kommunikation des Nutzers, seinen Bewegungen und dem Klang der Stimme, seine Stimmung erkennen und helfen. Und die Drohne „Google Bee“ soll nicht nur via Livestream auf die eigene Familie aufpassen können, sondern auch noch Müll aufsammeln. Glauben Sie nicht?
Dann liegen Sie richtig. Hinter der Show steckt unter anderem Jean Peters, Berliner Aktionskünstler und früherer taz-Kolumnist. Zuletzt hatte seine Guerilla in internationalen Medien für Aufsehen gesorgt, als Peters mit einem Kollegen einen sogenannten Science Slam des Ölkonzerns Shell sprengte.
Für die Show auf der re:publica, fuhr seine Künstlergruppe Peng Collective prominente Verstärkung auf. Neben Schauspieler Jan Josef Liefers und dem grünen EU-Parlamentarier Jan Philipp Albrecht machten die Piratenpartei Deutschland, die Digitale Gesellschaft und weitere Verbände mit. Am Ende des Vortrages sollte auch das Publikum mitspielen. Der Livestream wurde abgestellt und die Besucher im Raum eingeweiht. Weitergehen sollte die Aktion im Netz: getrieben durch die draußen, die sich empören sollten, und die Eingeweihten, die den Hoax weiter verbreiten. Ein Spiel.
Wer nicht mitmachte, war Google selbst. Sofort distanzierte Google Deutschland sich via Twitter. Andere User erkannten den Hoax und gaben das auch bekannt. Zuschauer und die Künstlergruppe selbst spielten weiter. „Wir hatten eine großartige Redaktion vom Publikum, sie unterstützen unsere Versionen des Internets“, sagt Paul von Ribbeck alias Jean Peters am Telefon. Tatsächlich kam die Performance gut beim eingeweihten Publikum an. Ein Zuschauer sagte nach der Veranstaltung „Mensch, ich habe das echt geglaubt“.
Wer genauer hinhörte, konnte durch die absurden Formulierungen wie „Wir brauchen eure Daten“ oder „das Internet gehört uns“ und Produkten wie „Google Bye“, der automatischen Anpassung des Google-Plus-Profils im Todesfall, schon während der Performance die Aktionskünstler erkennen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Müntefering und die K-Frage bei der SPD
Pistorius statt Scholz!
Kampf gegen die Klimakrise
Eine Hoffnung, die nicht glitzert
Krieg in der Ukraine
Biden erlaubt Raketenangriffe mit größerer Reichweite
Rentner beleidigt Habeck
Beleidigung hat Grenzen
Donald Trump wählt seine Mannschaft
Das Kabinett des Grauens
Unterwanderung der Bauernproteste
Alles, was rechts ist