Opposition einigt sich: Untersuchungsausschuss für Edathy
Grüne und Linke einigen sich auf einen Antrag, um im Bundestag die Affäre aufzuklären. Anfang Juni soll's losgehen, auch Edathy soll kommen.
BERLIN taz | Die Aufklärung in Sachen Edathy geht in die nächste Runde. Am Donnerstagabend einigten sich Grüne und Linkspartei im Bundestag auf einen gemeinsamen Einsetzungsbeschluss für einen Untersuchungsausschuss zu der Affäre. Starten soll dieser Anfang Juni.
Nach der jüngsten Änderung der Bundestagsgeschäftsordnung können Grüne und Linke auch allein einen Untersuchungsausschuss einsetzen. Die designierte Obfrau der Grünen, Irene Mihalic, begrüßte gegenüber der taz die Einigung. "Wir hoffen nun die vielen, immer noch offenen Fragen abschließend zu klären." Vier mal hatte bereits der Innenausschuss über die Edathy-Affäre getagt. "Keine Sitzung hat Licht in das Chaos gebracht", kritisierte Mihalic. Deshalb sei der Untersuchungsausschuss "unumgänglich" geworden. Hier können Akten angefordert werden, für Zeugen gilt eine Wahrheitspflicht.
Im Zusammenhang mit der Edathy-Affäre ist der Bundestag für seine Datensammelpraxis in die Kritik geraten. Der frühere SPD-Abgeordnete wirft der Bundestagsverwaltung in einem Brief vor, die interne Vorschrift missachtet zu haben, Protokolldaten der IT-Kommunikation von Abgeordneten nicht länger als drei Monate zu speichern.
Stattdessen sei seine bis ins Jahr 2010 zurückreichende E-Mail-Korrespondenz nicht nur einschließlich der Inhalte gespeichert worden. Sie sei dann auch im Zusammenhang mit den Kinderpornografie-Vorwürfen gegen ihn an das niedersächsische Landeskriminalamt (LKA) weitergegeben worden. Nun liegt nahe, dass die Bundestagsverwaltung generell von allen Abgeordneten sämtliche Internet-Verbindungsdaten, IP-Adressen, im Internet aufgerufene Seiten, E-Mails und Anfragen bei Suchmaschinen speichert.
Bundestagsvizepräsidentin Petra Pau (Linke) kündigte für Donnerstag kommender Woche ein Treffen von Vertretern aller Fraktionen zur Datenspeicherung bei Abgeordneten an. Sie hoffe auf neue Regeln noch vor der Sommerpause. Der SPD-Netzpolitiker Lars Klingbeil bezeichnete die Speicherung von Daten über die gesetzliche Frist hinaus im Gespräch als „mit dem freien Mandat nicht vereinbar“. Der CDU-Abgeordnete Thomas Jarzombek sagte: „Es kann nicht sein, dass im Zweifel das Leben eines Abgeordneten als offenes Buch für den Bundestagspräsidenten da liegt.“ (dpa)
Wer im Ausschuss vorgeladen werden soll, beratschlagt die Opposition derzeit noch. Kommen werden wohl BKA-Chef Jörg Ziercke und Beamte aus seinem Haus, dazu Ex-Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU), SPD-Chef Sigmar Gabriel und SPD-Parlamentsgeschäftsführer Thomas Oppermann.
Auch der frühere SPD-Abgeordnete Sebastian Edathy selbst soll befragt werden. "Wir haben ein Interesse ihn möglichst früh zu hören", sagte Mihalic. Edathy hatte bereits angekündigt, dem Ausschuss als Zeuge zur Verfügung zu stehen.
Rechtstaatliches Verfahren behindert?
Gegen Edathy wird wegen des Besitzes von Kinderpornografie ermittelt. Ex-Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) musste im Februar zurücktreten, da er SPD-Chef Sigmar Gabriel über die Ermittlungen einweihte und Letzterer die Information weitergab. Offen ist, ob auch Edathy von den Ermittlungen gegen sich erfuhr.
Für den Linken-Innenexperten Frank Tempel ist das die zentrale Frage im Ausschuss. „Bis heute ist unbeantwortet, ob hier ein rechtstaatliches Verfahren behindert wurde.“ Konkrete Fragen zum laufenden Strafverfahren gegen Edathy werde man aber ausklammern. Tempel aber erhofft sich vom Ausschuss, "endlich Transparenz über die Ermittlungsabläufe zu erhalten und die Kontrollfunktion des Parlaments einzulösen".
Aufklären will die Opposition auch, warum das BKA bereits 2011 die Daten von 800 deutschen Kunden eines Kinderporno-Händlers bekam, darunter Edathys – gegen den SPDler aber erst ab letzten November ermittelt wurde.
Grüne und Linke kündigten an, den Ausschuss "so kurz wie möglich" zu halten. Laut Tempel könnte sich dieser auf fünf, sechs Sitzungen beschränken – „sofern nicht gemauert wird“. Die Sorge ist nicht unbegründet: Union und SPD sehen in der Edathy-Affäre bereits alle Fragen als geklärt an.
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