Proteste in Hongkong: „Zwei Monate Blockade reichen“

Nach mehr als sieben Wochen bröckelt der Widerstand der Protestbewegung. Unter den Protestführern mehren sich die Stimmen für ein Ende der Blockaden.

Die von einer kleinen Gruppe ausgegangene Gewalt in der Nacht zu Mittwoch haben die Anführer des Protests verurteilt Bild: reuters

PEKING taz | Alan Chiu hat genug. Von Beginn an war der 23-jährige Mathematikstudent bei den Protesten dabei. Er hatte den einwöchigen Studentenstreik auf dem Campus der Universität Hongkong mitgemacht. Nachdem Universitätsprofessor Benny Tai zur Blockade des Finanz- und Regierungsviertels aufgerufen hatte, saß Chiu mit Zehntausenden auf der Straße.

Inzwischen ist die Zahl der Dauercamper auf wenige hundert pro Nacht geschrumpft. In der Nacht zu Mittwoch kam es erstmals auch zur Gewalt vonseiten der Demonstranten. Bislang nicht bekannte Angreifer versuchten, in das Parlamentsgebäude zu gelangen, in dem sie Fensterscheiben und Glastüren zertrümmerten. Die Polizei setzte Pfefferspray ein und nahm sechs Angreifer fest. Von guter Stimmung kann keine Rede mehr sein. „Zwei Monate Blockade reichen“, sagt Chiu.

Im September und Oktober gingen zeitweilig hunderttausende Hongkonger auf die Straße, um die Studenten und Demokratie-Aktivisten in ihren Forderungen nach freien Wahlen ab 2017 in der südchinesischen Sonderverwaltungszone und nach dem Rücktritt des umstrittenen Hongkonger Regierungschefs Leung Chun-Ying zu unterstützen. Doch weder Hongkongs Regierung noch die Führung in Peking ließen sich darauf ein.

Am Dienstagvormittag begannen Sicherheitskräfte dann damit, einen Teil des Protestlagers im bislang größten Camp im Stadtteil Admiralty zu räumen, nachdem ein Hongkonger Gericht vergangene Woche entschieden hatte, dass einige Blockaden geräumt werden müssten.

Ablehnung von Gewalt

Widerstand leisteten die Demonstranten zunächst nicht. Die meisten bauten gar selbst ihre Zelte ab und verlegten sie in den Teil des Lagers, der von der Räumungsklage nicht betroffen war. „Wir respektieren die Entscheidung des Gerichts“, sagte der 18-jährige Protestanführer Joshua Wong von der Schülervereinigung Scholarism.

Auf den nächtlichen Angriff auf das Parlamentsgebäude reagierten die Protestanführer verärgert. Das Vorgehen habe nichts mit friedlichem, zivilem Ungehorsam gemein, den die Bewegung mit ihrer Straßenbesetzung anstrebe, hieß es am Mittwoch in einer gemeinsamen Mitteilung von Occupy Central, Scholarism und der Studentenvereinigung. „Wir unterstützen diese Sorte von Protest nicht“, sagte auch Universitätsprofessor Joseph Cheng, Vorsitzender der Demokratischen Allianz.

Nun mehren sich selbst unter den Anführern des Protests Stimmen für ein Ende der Blockaden. Chan Kin-Man, Soziologieprofessor und Mitbegründer der Initiative Occupy Central, die zu den Blockaden aufgerufen hatte, wies daraufhin an, dass der Straßenprotest „kontraproduktiv“ werde, sollte eine Mehrheit der Bevölkerung die Aktionen nicht mehr unterstützen. Dies könnte nun eingetreten sein.

Einer Umfrage der Universität Hongkong zufolge befürworten inzwischen 70 Prozent der Hongkonger ein Ende der Blockaden. Vor zwei Monaten hatte eine große Mehrheit der Bevölkerung die Proteste noch unterstützt. „Wir sollten uns neue Protestformen überlegen“, sagt Chan.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.