Die Streitfrage: NS-Bauten verfallen lassen?
Erinnerungskultur ist wichtig, besonders in Deutschland. Doch müssen deshalb tatsächlich NS-Bauten mit Millionen Euro saniert werden?
Geld für Nazi-Architektur? Die Stadt Nürnberg möchte Teile des Reichsparteitagsgeländes renovieren lassen, auf dem die NSDAP ihre Parteitage abhielt. Bei den Kosten von vermutlich 60 bis 75 Millionen Euro kann sie auf Unterstützung vom Bund zählen, denn im Koalitionsvertrag einigten sich CDU/CSU und SPD darauf, authentische Orte, wie beispielsweise das ehemalige „Reichsparteitagsgelände“, zu erhalten. Geldverschwendung oder notwendige Investition?
Das kulturelle Erbe war schon immer ein Thema, bei dem sich die Gemüter scheiden. Wie sonst lässt sich erklären, dass der Palast der Republik abgerissen wurde, um dem Berliner Stadtschloss Platz zu machen? Handelte es sich bei dem DDR-Bau nicht auch um deutsche Vergangenheit? Erinnerungskultur ist den Deutschen ein zentrales Anliegen, über das Was und Wie tobt oft erbitterter Streit. Welche Bauten bleiben und welche verschwinden, ist nicht selten ein hoch politischer Akt.
Andere entschieden mit den Füßen. Touristen aus aller Welt kommen nach Deutschland um Monumentalbauten aus vergangenen Jahrhunderten zu besichtigen. Rund 1,4 Millionen Menschen besuchen im Jahr Schloss Neuschwanstein, in die Frauenkirche drängen sich etwa 2 Millionen, nach Berlin kamen im letzten Jahr 11,3 Millionen Gäste. Der richtige Umgang mit dem kulturellen Erbe ist deshalb kein reiner Selbstzweck, sondern zahlt sich oft in barer Münze aus. Geld in die Sanierung oder den Wiederaufbau alter Gebäude zu investieren, ist aus diesem Blickwinkel eine gute Idee, siehe Dresden.
Was aber, wenn es sich wie in Nürnberg um Nazi-Bauten handelt? Und nicht nur um irgendwelche NS-Bauten, sondern um ein monumentales Bauwerk, das aus jeder Ritze den Geist der Nazi-Zeit atmet? Das ehemaligen „Reichsparteitagsgelände“ in Nürnberg wurde von 1935 bis 1937 von Albert Speer gestaltet und diente den Nazis als zentraler Versammlungsort. Hitler ließ auf dem Gelände mehrere Parteitage der NSDAP abhalten und zelebrierte mit riesigen Massenveranstaltungen seine Vorstellung von Volk und Vaterland.
Konkret geht es um die Zeppelinhaupttribüne. Das Zeppelinfeld, an dessen Kopf die Tribüne steht, auf der einst Hitler seine Reden gehalten hatte, wurde als Aufmarschgelände benutzt und wird heute jedes Jahr von etwa 200.000 Menschen besichtigt. Das Problem: das Bauwerk verfällt. Die Stadt Nürnberg hat sich schließlich nach Abwägung mehrere Alternativen für die Instandsetzung entschieden.
Doch wem nützt eine solche Erinnerungskultur außer den Touristen? Wäre es nicht sinnvoller, das Gebäude verfallen zu lassen und das Geld in Projekte gegen Rechtsextremismus zu investieren? Oder braucht man die monumentalen Bauten der Nazis, um an ihren Größenwahn zu erinnern?
Was meinen Sie? Soll man NS-Bauten verfallen lassen?
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