Frankreichs UMP wählt neuen Parteichef: Ein echter Neuanfang ist möglich

Der Außenseiter Bruno Le Maire ärgert den Favoriten Nicolas Sarkozy nach Kräften. Das zeigt: Politik kann mehr sein als bloße Show.

Bei einer Wahlkampfveranstaltung in Paris: Bruno LeMaire. Bild: reuters

PARIS taz | Am Freitag und Samstag können die rund 260.000 eingeschriebenen Mitglieder der konservativen UMP (Union pour un Mouvement Populaire) ihren Parteichef wählen. Der Sieger steht im Voraus fest: Expräsident Nicolas Sarkozy will als Vorsitzender der UMP den Anlauf zu einer Revanche gegen François Hollande nehmen. Von Interesse wird sein Ergebnis sein. Als Sarkozy seine Kandidatur bekannt gab, konnte er mit einem Ergebnis von 90 Prozent rechnen.

Er brachte es jedoch fertig, sowohl Gegner wie Verfechter der Homo-Ehe mit einer konfusen Stellungnahme zu verärgern. Zweideutig scherzte er, 2007 habe er Rachida Dati, Tochter eines Marokkaners und einer Algerierin, als Vertreterin der ethnischen Vielfalt zur Justizministerin gemacht. Zuletzt ließ er bei einem Auftritt in Bordeaux zu, dass seine Fans den Parteikollegen und Rivalen bei Vorwahlen für die Präsidentschaftskandidatur, Alain Juppé, auspfiffen. Während so Sarkozy in den eigenen Reihen für wachsenden Unmut sorgte, mauserte sich einer seiner beiden Konkurrenten, der Außenseiter Bruno Le Maire, zum ernsthaften Rivalen.

„Bruno, Bruno!“ rufen die Anhänger im großen Saal der Pariser Mutualité, einst Hochburg der französischen 68er-Linken. Junge Leute in T-Shirts mit der Aufschrift „Le renouveau c’est Bruno“ (Bruno, das ist der Neuanfang) sorgen für eine Stimmung wie bei einer Präsidentschaftskampagne: Zu den Rhythmen einer Techno-Musik bahnt sich der Star des Abends einen Weg in den Saal. Es ist ein sportlicher, vorzeitig ergrauter, aber erst 45-jähriger Mann in einem dunklen Anzug und hellblauer Krawatte, der sich bemüht, seiner unverhofften Heldenrolle gerecht zu werden.

Kein Politiker der ersten Reihe

Le Maire war Kabinettschef von Premierminister Dominique de Villepin, später Europa-Staatssekretär und Landwirtschaftsminister, aber nicht ein Politiker der ersten Reihe. Weil aber Nicolas Sarkozy von Beginn weg als Favorit ins Rennen ging, nahm man Le Maire ebenso wenig ernst wie den Dritten, den Ultrakonservativen Hervé Mariton. Dass es zuletzt doch spannend wurde, ist das Verdienst der Kampagne von Le Maire. Seine Forderung nach Transparenz und Demokratie in dieser Partei mit ihrem Chefkult, ihren Finanzskandalen und Führungsstreitigkeiten hat viel Echo gefunden.

Anfangs war Sarkozy wahrscheinlich sogar froh, dass es noch zwei andere Kandidaten gibt. So nämlich würde seine Rückkehr an die Parteispitze wie eine demokratische Wahl aussehen, wenn er die Partei in seine persönliche Wahlkampfmaschine verwandelt, um bei den Präsidentschaftswahlen 2017 ein triumphales Comeback zu feiern.

Seitenhiebe auf Sarkozy

Nicht alle in der UMP wollen mit Sarkozy das Rad der Geschichte zurückdrehen. Le Maire möchte eine neue Generation ansprechen und einen aufrichtigen Dialog mit der Parteibasis führen. Er gibt sich als Mann mit festen Überzeugungen: Er sei gegen die 35-Stunden-Woche, für eine weitgehende Unternehmerfreiheit, für eine strikte Durchsetzung der weltlichen Gesetze der Republik (namentlich des Schleierverbots), er outet sich mit Courage als Befürworter der Homo-Ehe.

Le Maire hütet sich tunlichst, Sarkozy direkt anzugreifen. Doch er betont, die UMP brauche keinen „Retter“, „hinter dem sich alle wie ein Mann scharen müssen“. Jeder versteht, wen er damit meint.

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