Mit Verboten gegen Kutten: Polizei macht Rocker nackig
Mehrere Nord-Bundesländer weiten das „Kuttenverbot“ gegen Rockergruppen aus. Ziel sei, den öffentlichen Raum nicht den Gangs zu überlassen.
KIEL taz | Das Kerlchen mit dem überbreiten Sombrero und der Totenkopf mit Schutzhelm haben eines gemeinsam: In Zukunft werden diese Zeichen der Rockergruppen Bandidos und Hells Angels ebenso wie die Embleme weiterer Gangs als Symbole verbotener Organisationen in fast allen nördlichen Bundesländern von der Polizei einkassiert.
Dabei spiele es keine Rolle, ob die Logos auf Motorradjacken oder Vereinsheimen kleben, ob die Originalschriftzüge abgeändert sind oder welcher Ortsverein auf dem Emblem auftaucht, sagt Schleswig-Holsteins Landespolizeidirektor Joachim Gutt. Mit dieser Regel wird das bestehende „Kuttenverbot“ für die Angehörigen von Rockergruppen deutlich ausgeweitet.
Rechtlicher Hintergrund des Beschlusses in Schleswig-Holstein, der nach Worten von Gutt auch in Niedersachsen, Hamburg und Bremen ähnlich umgesetzt wird, ist ein Urteil des Oberlandesgerichts Hamburg. Bei dem Fall ging es um Angehörige der Hells Angels, deren Jacken Embleme zeigen, die dem verbotenen Original nur ähnelten. Das Gericht kam zu dem Schluss, dass das Verbot auch auf die Kopien übertragbar sei.
Schleswig-Holstein geht sogar noch einen Schritt weiter: Es weitet das Hamburger Urteil für die Embleme aller Rockergruppen aus, die irgendwo in Deutschland verboten sind. Sogar ausländische Hells Angels, Bandidos, Chicanos oder Red Devils, die nur durchs Land fahren, können gestoppt und ihre Kutten beschlagnahmt werden. Die Ausrede, davon nichts zu wissen, wollte Gutt nicht gelten lassen: Die Polizei habe alle Anführer der bekannten Gruppen im Land angesprochen und gebeten, die Nachricht zu verbreiten. Die Rocker hätten das akzeptiert.
Allerdings ist nicht sicher, ob das Land bei einer Klage gewinnen würde. Denn bisher waren nur einzelne Ortsvereine, sogenannte Chapter, und deren eigene Logos verboten. Auch urteilte das Landgericht Bochum anders als Hamburg. „Vielleicht entscheidet irgendwann das Verfassungsgericht“, so Gutt. „Bis dahin richten wir uns danach, was uns die Staatsanwaltschaft vorgibt.“ Dass das in diesem Fall nicht ungern geschehe, „will ich nicht verhehlen“.
Wer Kutte zeige, wolle Macht demonstrieren
Gut 200 Angehörige von Rockerbanden gibt es in Schleswig-Holstein. Die Gruppen gelten nach Ansicht der Polizei weiterhin als Teil der organisierten Kriminalität, auch wenn sichtbare Konflikte in den vergangenen Jahren abgenommen haben. „Aber die Personen sind nicht verschwunden, sie sind weiter aktiv“, sagte Gutt. Zuletzt habe es verstärkt Vorstöße ins Rotlichtmilieu gegeben. Daher sei das Verbot der Symbole wichtig, so Gutt: „Wer sich mit Kutte zeigt, will damit ein Territorium für sich beanspruchen und Macht demonstrieren.“
Mit dem harten Vorgehen gegen die Gruppe wolle die Polizei dagegen setzen: „Der öffentliche Raum gehört allen.“ Wichtig sei, „nicht eine Gruppe zu treffen und damit Luft für andere zu machen, sondern das gesamte Phänomen zu bekämpfen“.
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