Judo-EM in Glasgow abgesagt: Den falschen Sponsor erwischt

Die europäische Judo-Union entzieht Schottland die EM. Der britische Verband war eine Kooperation mit der UFC eingegangen.

Zwei Kämpfer beim Grand Slam der Internationalen Judoföderation (IJF) in 2014 in Japan. Bild: dpa

BERLIN taz | Nicht nur ungewöhnlich, sondern auch sehr kryptisch war die Meldung, welche die Europäische Judo-Union (EJU) am Samstag auf ihrer Homepage platzierte. Man sei zu dem Entschluss gekommen, hieß es, die für April in Glasgow geplanten Europameisterschaften (9.–12. April) abzusagen, weil der britische Ausrichter nicht den Ansprüchen des Kontinentalverbands genüge. „Der britische Judoverband ist auf einen Sponsorendeal eingegangen, der mit den Werten der EJU nicht vereinbar ist.“ Der europäische Verband verkündete, man stehe nun in Verhandlungen mit anderen potenziellen Gastgebern.

Wie der Teufel das Weihwasser mied es die EJU, den Namen des besagten Sponsors zu nennen. Der britische Judoverband war eine Kooperation mit der Ultimate Fighting Championship eingegangen, der weltweit größten Mixed-Martial-Arts-Organisation (MMA). Die zu Deutsch „gemischten Kampfkünste“ bezeichnen eine recht umstrittene Vollkörperkontaktsportart, bei der beispielsweise auch Tritte gegen den Kopf erlaubt sind.

Die UFC begründete jüngst ihre Sponsorenrolle damit, Judo zähle zu den Fundamenten des MMA. David Allen, Vizepräsident des UFC, sagte: „Der MMA-Sport setzt sich aus einer Vielzahl unterschiedlicher Kampfsportarten zusammen. Die UFC ist der Ansicht, dass es sowohl wichtig ist, den MMA-Sport zu bewerben, als auch den unterschiedlichen Kampfsportdisziplinen beim Wachsen zu helfen. Die Judo-Europameisterschaft wird eine fantastische Plattform für Fans und Sportler sein, um Weltklassesport in einer großartigen Stadt zu sehen.“

Auch wenn sich die UFC geschickt als Mentor aller Kampfsportarten zu inszenieren weiß, stehen gewiss die eigenen Interessen des Verbandes, MMA weltweit besser zu vermarkten, im Vordergrund.

Viele Vorbehalte

Die UFC hat international mit vielen Vorbehalten zu kämpfen. Die Bayerische Landesanstalt für Neue Medien entschied etwa 2010, das damalige DSF dürfe die UFC-Veranstaltungen nicht mehr im Fernsehen übertragen, weil der Sport gewaltverherrlichend und menschenverachtend sei. Auch diverse Funktionäre anderer Kampfsportverbände bewerteten diesen neuen Stilmix als Grenzüberschreitung und distanzierten sich.

Für die UFC wäre auch angesichts dieses Gegenwindes ein Bündnis mit einer olympischen Kampfsportart wie Judo bei einer Europameisterschaft durchaus gewinnbringend. Derweil kann man darüber spekulieren, ob es dem europäischen Judoverband ausschließlich um den Schutz eigener Werte geht. Möglicherweise sieht man sich auch in einem Konkurrenzverhältnis zur aufstrebenden Sportart MMA, deren Anhängerschaft stetig steigt, und damit auch die eigenen Interessen in Gefahr.

Juristisches Nachspiel

Der britische Judoverband gibt dennoch die Hoffnung nicht auf, dass die EJU ihre Entscheidung noch einmal revidieren könnte. Pausenlos, so heißt es in einem Statement, habe man in den letzten Monaten für diese EM gearbeitet und befinde sich nun in der Schlussphase der Vorbereitungen. Andrew Scoular, der Vorsitzende des Verbandes, versichert zudem, man habe nun die Vereinbarung mit der UFC aufgekündigt und den europäischen Verband gebeten, noch einmal die Verhandlungen aufzunehmen. Man berate sich mittlerweile auch mit Rechtsanwälten über die nächsten Schritte. Vermutlich wird über mögliche Entschädigungsforderungen nachgedacht.

Die Auseinandersetzung zwischen den beiden Kampfsportarten wird also wohl weitergehen. Sollte es bei der Entscheidung bleiben, die Europameisterschaft nicht in Schottland auszutragen, wird ein juristische Nachspiel unvermeidlich sein.

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