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Archiv-Artikel

Gehorsamspflicht für Herr und Hund

Das neue Hamburger Hundegesetz definiert die Gefährlichkeit nach Rassen. Erwiesen ist das nicht

Ein Grundprinzip des Hamburger Hundegesetzes ist die Einteilung der Tiere nach Rassen: Einige Rassen werden als gefährlich erachtet, andere als etwas weniger gefährlich. Der Gesetzentwurf greift zunächst vier Rassen heraus, die als „unwiderlegbar gefährlich“ eingestuft werden: Pitbull Terrier, American Staffordshire Terrier, Staffordshire Bullterrier, Bullterrier. Elf weitere Hunderassen – darunter auch der Rottweiler – werden als partiell gefährlich eingestuft.

Durch den so genannten Wesenstest können diese Hunde jedoch „ihre Gefährlichkeit widerlegen“, wie es im Behördenjargon heißt. Ist diese Hürde genommen, kann – wie mit jedem anderen Hund – der Hundeführerschein gemacht werden, der Hund und Halter vom generellen Leinenzwang befreit. „Diese Rasselisten sind für Hamburg unstrittig“, betont Hartmut Stienen, Pressesprecher der Gesundheitsbehörde.

„Hunde gehören in der Stadt an die Leine, aber mit Ausnahmen, wenn es sich nicht um so genannte Kampfhunde handelt“, findet der CDU-Gesundheitsexperte Harald Krüger. Wenn Mensch und Tier eine „Gehorsamsprüfung“ bestehen, darf Hund auch ohne Leine Gassi gehen. Die ist auch den Grünen wichtig. „Uns liegt daran, dass möglichst viele Halter diesen Hundeführerschein ablegen, um Sachverstand und Sicherheit für alle zu erhöhen“, betont der GAL-Abgeordnete Christian Maaß. Außerdem müsse die Zahl der Auslaufflächen für Hunde von jetzt 80 auf mindestens 150 erhöht werden.

Im Nachbarland Niedersachsen hat man seit Jahren Erfahrung: Weit über 1.000 Wesenstests für Hunde wurden durchgeführt. Die ersten 500 wurden bereits statistisch ausgewertet: nach Halter, Rasse, Geschlecht und spezifischer Vorgeschichte – beispielsweise, ob ein Tier bereits im Tierheim war. „Unser Hauptergebnis war: Es liegt nicht an der Rasse, ob ein Tier auffällig wird oder nicht“, sagt Hansjoachim Hackbart, der an der Tierärztlichen Hochschule Hannover das Institut für Tierschutz und Verhalten leitet.

„98 Prozent der Tiere, die zu den vier in Hamburg als unwiderruflich gefährlich eingestuften Rassen gehören, waren im Test unauffällig“, nennt Hackbart ein Ergebnis der Studie. Die Rasselisten „sind Unsinn“, sagt er, und gäben „dem Bürger nur eine Pseudosicherheit“. Studien zufolge sei das Verhalten nur zu sechs oder sieben Prozent ererbt. Das gelte aber nicht für eine bestimmte Rasse, sondern nur für den engeren Bereich einer so genannten Blutlinie. „Der Wesenstest gehört deswegen in die Zucht, um einzelne gefährliche Tiere herauszunehmen.“

Die Allparteien-Koalition in der Bürgerschaft und der Senat aber halten an ihrer gemeinsamen Linie fest: „Die inhaltlichen Eckpunkte des Gesetzes“, prophezeit Behördensprecher Stienen für morgen, „bleiben sicherlich bestehen.“ Christine Jähn