: „Egal ob Ali oder Hans“
KONTROVERSE Um „Deutschenfeindlichkeit“ an Bremer Schulen wurde am Montag im Theater heftig gestritten. Protest gab es hauptsächlich aus dem Publikum
Mit einem Offenen Brief distanzierte sich die Theaterleitung gestern von der Veranstaltung:
■ „Das Impulsreferat der Journalistin Regina Mönch stellte in gefährlicher, Fremdenfeindlichkeit fördernder Weise Mobbing und Gewalt an Schulen in einen Kausalzusammenhang mit kulturellen und religiösen Unterschieden zwischen ‚deutschen‘ und ‚nichtdeutschen‘ Schülerinnen und Schülern.“
VON JEAN-PHILIPP BAECK
Regina Mönch von der Frankfurter Allgemeinen brachte alle zum kochen. Die jungen Protestierer, wegen ihrer vermeintlich rassistischen Verallgemeinerungen. Und das ältliche Stammpublikum der Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS), wegen ihrer klaren Worte. Die KAS hatte am Montag ins Rangfoyer des Theater geladen. Ob „Deutschenfeindlichkeit an Schulen“ auch ein Bremer Problem sei, diskutierten auf dem Podium die Bremer LehrerInnen Christa Verhaeg und Lars Kiener, Anja Stahmann von den Grünen, Thomas vom Bruch, Ex-Staatsrat der CDU, sowie eben die FAZ-Redakteurin Regina Mönch. Im Vorfeld hatten Linkspartei und Antifa-Gruppen eine Absage der Veranstaltung gefordert, weil diese maßgeblich gegen Zugewanderte und Muslime gerichtet sei. „Inhaltlich ist das Theater Bremen nicht verantwortlich“, sagt Schauspielleiter Marcel Klett. Die Theaterleitung distanzierte sich ausdrücklich von Mönchs Thesen.
Die sagt, Deutsche seien Opfer arabischer Jugendlicher und fühlten sich im eigenen Land nicht mehr sicher. „Das muss Rassismus genannt werden.“ Keiner traue sich darüber auch zu reden. Da kam schon der erste Zwischenruf: „Schaltet der das Mikro aus.“
Anja Stahmann entgegnete, Deutschenfeindlichkeit sei in Bremer Schulen nicht anzutreffen. Es gäbe Mobbing, Gewalt, Schwulenfeindschaft und Sexismus. Das dürfe nicht toleriert werden, Mönchs Aussagen seien jedoch viel zu allgemein. Dafür erntete sie dünnen Applaus von den vorderen Stuhlreihen, mehr von weiter hinten, wo sich die gut 30 Protestierer eingefunden hatten, die zuvor noch vor dem Theater standen.
„Wir müssen offen diskutieren“, findet Thomas vom Bruch. Auch an Bremer Schulen gebe es Deutschenfeindlichkeit, darüber aber kaum Informationen. Die sollten von den LehrerInnen kommen. Christa Verhaeg aus Huckelriede berichtete von Antisemitismus und rassistischen Beschimpfungen auf dem Schulhof, auch gegen Deutsche. Ein Schüler, erzählt sie, habe sie mal gefragt, warum er das Land lieben solle, wenn Deutsche es selbst doch nicht mögen. Ein Problem, so Verhaeg. Ihr Lehrerkollege Lars Kiener forderte, man müsse stolz sein auf die eigene Kultur, wie bei der Fußball-WM 2006. Den Protestierenden warf er entgegen: „Ich finde Nestbeschmutzer ätzend.“
Wenig später schallte ihm aus dem Publikum „Rassist“ entgegen. „Wasch Dich erst mal“, wurde als Antwort gemurmelt. Als Reyhan Savran, Vorsitzender des türkischen Elternvereins in Bremen aus dem Publikum sprach, raunte es: „Schon wieder der Kanacke“. Kurze Anfeindungen folgten. „Die Debatte ist von Islamophobie geprägt“, so Savran. Gerüchte, für die es keine Beweise gebe. Regina Mönch entgegnete: Beschimpfungen eines Juden kämen nur in die Polizeistatistik, wenn es ein Deutscher getan habe. „Quatsch!“, hallte es zurück. Schwarz-Weiß-Malerei führe nicht weiter, so Anja Stahmann. „Es ist egal, ob es Ali oder Hans war.“ Ein Schüler meldete sich zu Wort. Er kenne keine Deutschenfeindschaft. Strukturellen Rassismus der Mehrheitsgesellschaft und Abschiebungen jedoch schon.