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Der Bundeskanzler läßt fragen

„Die Zeit der Wiederholungen ist vorbei“, versprach Bio als erstes, um dann „sehr, sehr herzlich“ seinen einzigen Gast zu begrüßen. Keine Wiederholungen, das heißt nicht, daß in der Sendung etwas Neues gesagt worden wäre. Aber das ist auch nicht der Sinn der Talkshow.

Neu war der Sessel für Bios Gast. „So sitz' ich vor mich hin“, meinte Helmut Kohl. Und: „Ich könnt' hier gut schlafen.“

Die Körpersprache war beredt. Dr. Biolek, zierlich, zierte sich mit Fragen. Ein Dialog hörte sich dann so an: „Europa ist ja, nachdem die Wiedervereinigung so wunderbar gelungen ist, Ihr großes Ziel...“ – „Ja“.

Dr. Kohl demonstrierte Ruhe und Witz. „Kohl-Witze“, räusperte Dr. Biolek, äh, war da mal was? Ach was! (Mit den Puppen von „Hurra Deutschland“ hatte Bioleks Firma einst äußerst gut verdient.)

Der Bundeskanzler läßt fragen und kann so lässig und gelassen sein. Er spricht, talkt und plaudert, rät und klärt auf. Er wohne „im Stadtteil Oggersheim der Stadt Ludwigshafen“. Er fahre Freitagabend heim in die Pfalz. (Bio: „Versorgt Sie dort Ihre Frau?“) Er esse und koche gerne Karamelpudding.

„Man hat nicht das Gefühl, daß es Ihnen schlechtgeht“, sagte Bio. Darauf Kohl: „Warum soll mir's schlecht gehen?“ Ja, und auch deshalb sucht sich der Bundeskanzler seine Interviewer und seine Sendungen aus, im privaten und im öffentlich-rechtlichen Fernsehen. Im Studiopublikum zufrieden neben Frau Hannelore Herr Fritzenkötter aus dem Bundeskanzleramt, der wohl Regie führte. Bitte keine politische Frage! Blendendes Timing!

Am Tag der Ausstrahlung der Sendung hat der Deutsche Bundestag den Kanzlerhaushalt debattiert. Etatchaos, Schulden, Arbeitslosigkeit und unsoziale Gesetzentwürfe.

Am Tag nach der Sendung ist schon ein Foto mit Bio in Bild und ein Interview mit Helmut Kohls Schwester Hildegard im Stern: „Der Helmut war ein wilder Bub.“ Gute Unterhaltung!

Kurt Beck, SPD, Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz und Vorsitzender der Rundfunkkommission der Länder. Dies ist seine erste Fernsehkritik.

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