: Zappelnde Karikatur
Die ARD, sie hatte eine tolle Idee: Sie engagierte zwei Doubles; der eine stellte Dr. Kohl, der andere Dr. Biolek dar. Welche Ähnlichkeit in Gesicht, Mimik, Gestik – geradezu gespenstisch. Hätte ich nicht gewußt, daß hier zwei Schauspieler auftraten, ich hätte beide für echt gehalten. Auch die Stimmenimitatoren – offenbar synchron aus dem Hintergrund – haben hörbar Überzeugendes geleistet. Zwischen gesprochenen Texten und Lippenbewegungen nicht die kleinste Abweichung. Spitze!
Leider wurden im Abspann die Namen der Schauspieler nicht genannt. Ein böses Versäumnis, das man der Redaktion leider ankreiden muß. Schade! Schade auch, daß manches, bei aller gelungenen Parodie, doch sehr überzogen war. Der Bio-Darsteller kratzt sich verlegen am Kopf, hüstelt ununterbrochen, kichert spitz wie ein hilfloser Teenie, entschuldigt sich pausenlos. Bei fast jeder Frage beugt er sich unterwürfig nach vorn, daß man fürchtet, er würde seinem Gast die Füße küssen wollen. Erzählt der Schauspieler, der den Kanzler gibt, Bewegendes, so blättert der Bio- Darsteller in den Spickzettelchen, die er im Schoß hält. Die Rolle des Kohl schlicht, solide, nicht ohne Humor angelegt – recht sympathisch. Doch die des Talkmasters völlig überzeichnet – eine zappelnde, überängstliche Karikatur. Das ist nicht unser Bio, wie wir ihn kennen und lieben.
Nein, hier waren wir in einem schlechten Stück. Und dann die Dialoge. „Was steht an der Klingel Ihres Hauses in Oggersheim?“ Die Antwort: „Kohl.“ Zweifellos ein origineller Dialogansatz, aber dann: „Wirklich?“ fragt die Bio- Kopie erschrocken zurück, und sein Gegenüber: „Das ist doch ein unverwechselbarer Name.“ – „Das schon, aber das ist so öffentlich.“
Solche Sätze darf man keinem noch so begabten Parodisten schreiben. Das wurde zwar innig und überzeugend vorgetragen, aber so geht das nicht. Da müssen profiliertere Autoren ran. Anderes Beispiel: Als von ausländischen Gästen die Rede ist, fragt der Kabarettist, der den Talkmaster spielen muß: „Kommen die alle in Ihr Büro?“ – „Ja.“ – „Und sehen Ihr Aquarium?“ – „Ja.“ – „Haben die Fische Namen?“ – „Nein. Aber im Aquarium geht es zu wie im Leben. Ein Fisch jagt den anderen.“ Nein, so etwas haben der echte Biolek und der echte Kohl nicht verdient.
Wolfgang Korruhn, Interviewer
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