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Frankreichs Nationalismus drängt ans Volk

■ Chauvinisten und Linksnationalisten fordern ein neues Anti-Europa-Referendum

Paris (taz) – Ein gekonnt auf deutsch in die französische Rede eingeflochtenes „über alles“, gewürzt mit ein paar frauenfeindlichen Witzchen und jede Menge Chauvinismus – so eröffnete am Mittwoch abend das französische Mouvement des Citoyens seine zweite Kampagne gegen den Maastrichter Vertrag und gegen die Währungsunion. Vier Jahre nachdem das letzte Europareferendum nur ganz knapp zugunsten der Befürworter ausgegangen ist, wollen es die linken Nationalisten um Jean-Pierre Chevènement jetzt erneut versuchen. Kurz vor der geplanten Einführung des Euro ist die Stimmung günstig. Das hat vor kurzem die bundesbankkritische Rede des konservativen Ex-Präsidenten Valéry Giscard d'Estaing im französischen Parlament ebenso gezeigt wie das Beharren der rechtsextremen Front National auf ihren anti-europäischen Thesen.

Auch der linke Nationalist Chevènement, der international Aufsehen erregte, als er aus Protest gegen den Golfkrieg als Verteidigungsminister zurücktrat, der aber in den letzten Jahren ein wenig ins politische Abseits geraten ist, fand umgehend Unterstützung. Eine stattliche Anzahl von Sozialisten, Kommunisten und Gaullisten sowie einige Intellektuelle und der Filmemacher Claude Lanzmann setzten bereits ihre Unterschrift unter Chevènements Petition für ein Referendum. So gelang es Chevènement am Mittwoch abend mühelos, die „Mutualité“ im Pariser Quartier Latin zu füllen – vor allem mit im Behördenleben ergrauten Herren. Als ihnen der Wirtschaftswissenschaftler Alain Cotta erläuterte, der Markt müsse eigentlich die Markt heißen, denn er sei „wankelmütig, unbeständig und stets auf die Macht blickend wie eine Frau“, schnalzten sie anerkennend Beifall.

Die Redner erklärten ihnen auch, daß sich das „Diktat der Bundesbank“ in der künftigen europäischen Zentralbank fortsetzen werde. Daß es in der Währungsunion keinerlei unabhängige nationale Politik mehr geben werde – weder monetär noch steuerlich, noch haushaltlich, noch sozial. Daß Frankreich künftig weniger Einfluß als heute Bayern haben werde. Wer „das Irreparable“ verhindern wolle, so Chevènement, müsse schnell aktiv werden. Sollte sein Aufruf über die engen Grenzen des Mouvement des Citoyens hinaus Erfolg haben, sollte die Zusammenarbeit mit Kommunisten und Europakritikern aus der politischen Mitte funktionieren, könnte sich in Frankreich eine Debatte wiederholen, die 1992 schon einmal sowohl die Linke als auch die Rechte gespalten hatte.

Die Angst vor dem Euro und die vor Deutschland würden dabei zu erneuten populistischen Höhenflügen führen. Bevor es jedoch so weit kommt, muß der Präsident ein Machtwort sprechen. Er ist in der V. Republik der einzige, der ein Referendum organisieren kann. Dorothea Hahn

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