: Das Fernsehgeschäft verändert die Liga
■ Die Übertragungsrechte werden immer teurer, die Verteilung der Einnahmen wird immer strittiger. Bayern und Dortmund träumen schon von der European League
Samstag, 18 Uhr. Zeit für „ran“, die Fußballshow. Rund 6,5 Millionen Zuschauer sitzen vor den Bildschirmen und verfolgen das Geschehen in den Sportarenen. Der Privatsender Sat.1 läßt sich die Übertragungsrechte für die Bundesliga 140 Millionen Mark pro Jahr kosten. Die Hamburger Pay- TV-Station premiere zahlt außerdem 75 Millionen Mark, um zwei Spiele pro Woche live zu übertragen. Zum Vergleich: Vor dreißig Jahren mußten ARD und ZDF die vergleichsweise bescheidene Summe von rund 600.000 Mark für die Übertragungsrechte aufwenden.
Doch der eigentliche Quantensprung steht noch aus. Pay-TV oder besser noch Pay-per-View heißt die Formel, nach der die Einnahmen der Clubs in den kommenden Jahren stark ansteigen sollen. Ausgerüstet mit den entsprechenden Decodern, kann sich der Fußballfreund am Bildschirm per Knopfdruck selbst sein Menü zusammenstellen. Für jede Minute Fußball, die er sieht. muß er allerdings bezahlen.
Derartige Aussichten regen die Phantasie in den Vorstandetagen der Vereine an. Erwartet werden nicht nur steigende TV-Gelder, sondern auch ein dickes Plus bei den Werbeeinnahmen. Bayern München etwa, so glaubt Manager Uli Hoeneß, wird in drei bis vier Jahren vierhundert bis fünfhundert Millionen Mark Umsatz machen – das ist dreimal soviel wie heute.
Selbst in der Bundesliga-Winterpause verging kaum ein Tag ohne Fußball auf der Mattscheibe. Hallenfußball ist fernsehgerecht. Die Halbzeitpausen dauern nur zehn Minuten. Ein Match folgt dem nächsten im 25- Minuten-Takt. Dazwischen bleiben immer ein paar Minuten Zeit für Werbespots. Die Rechte am Hallen-Masters sicherten sich das Deutsche Sport-Fernsehen und das ZDF. 75 Stunden Fußball live – trotz zuweilen eher müden Gekickes.
Gutbetuchte Clubs wie Bayern München und Borussia Dortmund haben es allerdings kaum nötig, in der Halle aufzulaufen. Jeder der acht Teilnehmer des Master-Finales bekam nur 350.000 Mark, der Sieger bis zu einer Million Mark. Ein willkommenes Zubrot für Nobodys der Liga wie Fortuna Düsseldorf, aber nur Peanuts für die Branchenführer.
Eine Sonderrolle wollen die ökonomisch potenten Vereine künftig auch bei der Verwertung der Fernsehrechte spielen. Bisher gab es eine Arbeitsteilung zwischen Vereinen und Deutschem Fußballbund (DFB). Während die Clubs für den Absatz von Trikots, Kappen und Kondomen mit ihrem Vereinsemblem sorgen, treibt der DFB Handel mit den Fernsehrechten, mittlerweile eine der wichtigsten Einnahmequellen der Vereine.
Die TV-Millionen verteilt der Fußballverband nach einem ausgeklügelten Schlüssel an Erst- und Zweitliga-Clubs – ein Kartell, aus dem die großen Vereine nun ausbrechen wollen. Denn für sie ist die zentrale Vermarktung ein schlechtes Geschäft.
Wichtigster Streitpunkt: die Verteilung der Gelder des Pay- TV-Senders premiere, der pro Woche zwei Spiele in voller Länge überträgt. Obwohl meist Matchs von Bayern München und Borussia Dortmund gezeigt werden (heute abend etwa die Partie Dortmund – Leverkusen), kassieren die beiden Clubs nicht mehr als der MSV Duisburg oder Arminia Bielefeld.
Münchens Manager Uli Hoeneß drohte unlängst sogar mit einem Alleingang. DFB-Direktor Wilfried Straub dagegen fürchtet, die gesamte Liga werde ins Rutschen geraten, wenn die Großen den Kleinen nichts mehr abgeben. „Es will niemand unsere Fernsehrechte haben, wenn es keinen Wettbewerb gibt, der massenattraktiv ist.“
Aber brauchen Bayern München und Borussia Dortmund die Bundesliga überhaupt noch? Die Manager der beiden Spitzenklubs setzen sich jedenfalls vehement für eine Europaliga ein. Der erste Schritt ist bereits getan. Zur nächsten Saison wird die Champions League aufgestockt. Neben dem deutschen Meister darf auch der Zweitplazierte mit Europas Spitzenklubs die Kräfte messen.
Bremens Manager Willi Lemke warnt: „Wenn die ökonomische Kraft der europäischen Wettbewerbe weiter zunimmt, dann wird die Schere zwischen Arm und Reich in der Bundesliga weiter auseinanderklaffen. Da kann man nicht mehr von einem gleichen Wettbewerb reden.“ Wolfgang Landmesser
(Info-Radio Berlin)
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen