■ Mit dem Ombudsmann auf du und du: Wenn Banken bocken
Nürnberg (taz) – Hatte ihm der Kundenberater seiner Bank nicht die Kursentwicklung der Aktien in den schillerndsten Farben dargestellt? Und jetzt, als der Kurs eingebrochen war, sollte er ganz allein schuld sein? Als sich weder Kundenberater noch Filialleiter zuständig fühlten und ihm nur voller Mitleid die Unberechenbarkeit der Börse erläuterten, wandte sich der Kunde an den Ombudsmann der privaten Banken.
Seit Mitte 1992 der Ombudsmann seine Tätigkeit aufnahm, versuchten fast 7.500 Kunden, bei ihm ihr Recht zu bekommen. In den meisten Fällen, mit denen sich Leo Parsch, ehemaliger Präsident des Bayerischen Verfassungsgerichtshofes, beschäftigt hat, stand die Beratung bei der Geldanlage im Mittelpunkt. Aber nicht nur bei Aktien und hochspekulativen Derivatgeschäften fühlen sich Kunden schlecht beraten. Kredite, Gebühren und auch unfreundliches Verhalten der Banker bieten Kunden Anlaß zur Beschwerde.
Doch Hilfe kommt von Leo Parsch längst nicht in jedem Fall. Nur rund 2.300 der eingereichten Beschwerden hat er als zulässig anerkannt und 48 Prozent davon zugunsten der Kunden entschieden. Doch seine Vorschläge sind ohnehin nicht bindend. Der Kunde kann sich aber immer noch überlegen, mit seinen Forderungen vor ein Gericht zu ziehen. Die Bank ist nur bis zu einem Streitwert von 50.000 DM an den Schiedsspruch gebunden.
Über ähnliche Einrichtungen verfügen auch die bundesdeutschen Sparkassen mit ihren Schlichtungsstellen bei den jeweiligen Regionalverbänden. Dazu haben einige große Sparkassen, zum Beispiel in Hamburg, Frankfurt, Stuttgart, Köln und Bremen, Stellen für eigene Ombudsmänner eingerichtet. Allerdings sind die Vorschläge dieser Schlichter nicht einmal für die Sparkassen selbst verbindlich. Noch einfacher machen es sich die Volks- und Raiffeisenbanken. Da die meisten ihrer Kunden auch Miteigentümer der Bank sind, so der Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken, „erübrigt sich für unsere Bankengruppe die Einrichtung einer gesonderten Beschwerdestelle“.
Ohnehin sind verärgerte Kunden in den vergangenen Jahren mehr und mehr dazu übergegangen, ihre Beschwerden den durchschlagskräftigeren TV-Teams von „Wie bitte?“ oder „Jetzt reicht's“ anzuvertrauen. Die Angst vor dem Millionenpublikum hat die Kulanz der Kreditinstitute in Einzelfällen schon bemerkenswert wachsen lassen. Horst Peter Wickel
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen