: Mordtips nicht gesetzlich geschützt
■ Ein Handbuch für potentielle Auftragsmörder ist nicht durch Presse- und Meinungsfreiheit gedeckt, entschied ein US-Berufungsgericht
Berlin (taz) – Im Schatten des Prozesses gegen das britische Au- pair-Mädchen Louise Woodward hat ein hohes US-Bundesgericht am Montag ein Urteil erlassen, das erhebliche Konsequenzen für die Ausübung der Pressefreiheit in den Vereinigten Staaten haben könnte.
Einstimmig entschieden drei Richter eines US-Bundesgerichts in Richmond/Virginia, daß der Verleger eines Handbuchs für Auftragsmörder nicht durch die Garantie von Presse- und Meinungsfreiheit in der US-amerikanischen Verfassung geschützt sei, weil die Informationen des Buches nachweislich zur Planung und Ausführung eines dreifachen Mordes geführt hatten. Das 1983 in Boulder/Colorado veröffentlichte Handbuch „Hit Man: A Technical Manual for Independent Contractors“ beschreibt detailgetreu die Planung und Ausführung des perfekten Mordes auf verschiedene Arten und gibt Hinweise zur Auftragsakquise für potentielle Profikiller.
Im konkreten Fall hatte ein inzwischen zum Tode verurteilter Mann aus Detroit zugegeben, 1993 eine junge Frau aus Maryland, deren 8jährigen querschnittsgelähmten Sohn sowie dessen Pflegerin genau nach den Anweisungen des Handbuchs ermordet zu haben. Daraufhin reichten die Angehörigen der Opfer gegen den Verleger, Paladin Press, eine Zivilklage wegen Begünstigung und Beihilfe zum Mord ein. Paladin Press berief sich indes auf Meinungs- und Pressefreiheit und lehnte jede Verantwortung für die Morde ab. In seinem Urteil erklärte das Gericht jedoch, daß Veröffentlichungen, die nachweislich und unmittelbar zu einer Straftat führen, nicht den besonderen Schutz der US-Verfassung genießen.
In letzter Instanz soll nun der Oberste Gerichtshof über diesen Fall entscheiden. Falls das Urteil des Berufungsgerichts aufrechterhalten wird, befürchten Kritiker eine Flut von Prozessen gegen Autoren und Verleger von Informationen zum Bomben- oder Waffenbau, aber auch gegen Krimiautoren.
Auch die Informationsfreiheit im Internet wäre dann möglicherweise nicht mehr geschützt. Matthias Stausberg
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