: Polizeigesetz ohne Datenschutz
Niedersachsen verschärft sein Polizeigesetz und baut dabei Datenschutz- und Bürgerrechte ab. Der Datenschutzbeauftragte hat die Änderungen heftig kritisiert ■ Aus Hannover Jürgen Voges
In Niedersachsen darf die Polizei künftig nicht nur jedes Auto anhalten und in dessen Kofferraum gucken, auch die Gebühreneinzugszentrale der Rundfunkanstalten wird so umfassend mit Daten der Bürger versorgt wie in keinem anderen Bundesland.
Gegen diese am Mittwoch vom niedersächsischen Landtag beschlossene Änderung des Landespolizei- und des Meldegesetzes hat der Datenschutzbeauftragte des Landes jetzt „entschiedenen Widerspruch“ angemeldet. Mit diesem von der SPD-Mehrheit durchgesetzten Abbau von Datenschutz- und Bürgerrechten würden im Polizeigesetz „die datenschutzrechtlichen Begrenzungen und Sicherungen bis auf einen kaum noch wahrnehmbaren Restbestand verkümmern“, kritisierte Landesdatenschützer Gerhard Dronsch (CDU).
Diese erneute Änderung des niedersächsischen Polizei- oder Gefahrenabwehrgesetzes komplettiert weiter das Instrumentarium der Ordnungskräfte um den präventiv operierenden „Verdeckten Ermittler“ und um den Lauschangriff bereits zur Verhütung schwerer Straftaten. Niedersächsische Bürger müssen zudem auch nicht mehr im nachhinein informiert werden, wenn sie Objekt einer verdeckten Polizeiaktion waren. Die Pflicht, den Bürger über verdeckte Polizeimaßnahmen zu informieren, gelte nun nur noch zum Schein, nur noch für Fälle, in denen die Polizei wegen angeblicher Gefahren für verdeckt operierende Beamte schon jetzt von einer Unterrichtung absehe.
Das niedersächsische Polizeigesetz, das einst als eines der liberalsten der Republik galt, sieht darüber hinaus nun landesweit die sogenannte Schleierfahndung vor, die in anderen Bundesländern höchstens nahe der deutschen Außengrenzen erlaubt ist. Bei dieser Fahndungsart dürfen Autos quasi nach Aussehen des Fahrers angehalten, Kofferräume und Handschuhfächer durchsucht werden. Dadurch werde der polizeirechtliche Grundsatz ausgehebelt, daß der Bürger für einen Eingriff selbst durch sein Verhalten einen Anlaß geben müsse, kritisierte der Landesdatenschutzbeauftragte.
Gerhard Dronsch mißfällt auch das neue niedersächsische Melderecht. Dieses erlaubt künftig nicht nur etwa die Übermittlung der Meldedaten an Adreßbuchverlage. Umfassender als in anderen Bundesländern soll auch die Gebühreneinzugszentrale der Rundfunkanstalten von den niedersächsischen Einwohnermeldeämtern bedient werden. So soll die GEZ etwa neben den aktuellen Adressen der in Niedersachsen Gemeldeten auch die früheren Adressen und das Alter übermittelt bekommen.
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