: Blutige Nase für den Fußballbund
■ Der DFB darf keine Fernsehrechte mehr vermarkten - aber vorerst nur beim Europapokal
„Wir haben eine juristische Niederlage erlitten“, mußte DFB-Justitiar Goetz Eilers gestern im Karlsruher Bundesgerichtshof (BGH) eingestehen. Der Fußballverband darf, so das BGH-Urteil, künftig die Fernsehrechte für Europapokalspiele nicht mehr zentral vermarkten. In Zukunft müssen die Vereine selbst mit den Rechteagenturen der Medienkonzerne verhandeln.
Richtig traurig war man beim DFB dennoch nicht.
Sportpolitische Ziele legitimieren kein Kartell
Denn da legt man sich das Urteil für das Hauptgeschäft positiv aus: Die Zentralvermarktung bei der Bundesliga könne durchaus zulässig bleiben.
Seit 1986 hat der DFB den Verkauf der Fernsehrechte im Europapokal in der eigenen Hand. Auf der Grundlage eines im nächsten Sommer auslaufenden Sechsjahresvertrags zahlen Ufa (Bertelsmann) und ISPR (Kirch/Springer) dem DFB jährlich 55 bis 60 Millionen Mark.
Dafür dürfen sie die Heimspiele der deutschen Mannschaften im Uefa-Pokal und im Pokal der Pokalsieger übertragen. Schon 1994 hatte das Bundeskartellamt dies untersagt. Erst beim Berliner Kammergericht, nun auch beim BGH holte sich der DFB eine blutige Nase.
Der DFB hatte argumentiert, die Umverteilung der Fernsehgelder sei „sportpolitisch notwendig“. Nur wenn auch jene Vereine vom Fernsehgeld abbekämen, die am Pokal nicht dabei seien, bleibe Fußball spannend. Der trockene Konter des BGH: „Sportpolitische Ziele rechtfertigen keine Freistellung vom Kartellverbot.“ Ein Kartell erhöhe immer die Preise – und das sei den Fernsehzuschauern einfach nicht zuzumuten.
Der DFB dagegen habe beim Uefa-Pokal keine eigenständige organisatorische Funktion als Veranstalter. Und ebendies klang im Hinblick auf die Bundesliga in den Ohren der DFB-Oberen gar nicht so schlecht. Denn da ist der Fußballverband eindeutig der Veranstalter.
Dennoch ist die Freude des DFB über diese Passage noch verfrüht. Der BGH ließ nämlich ausdrücklich offen, ob der Mitveranstalter automatisch das Recht zur zentralen Vermarktung hat. Damit ist im Hinblick auf die Bundesliga nach wie vor alles offen. Denn der BGH ließ das DFB-Argument klar auflaufen, es komme bei den TV- Rechten nur auf den Gesamtwettbewerb an – und für diesen seien nur die Verbände verantwortlich. Er räumte lieber den Vereinen eine starke Stellung ein. Auch die Eintrittskarten, so das Gericht, würden schließlich für einzelne Spiele verkauft.
Ob nun das Bundeskartellamt die Zentralvermarktung bei der Bundesliga auch angreift, ließ dessen Vizepräsident Kurt Stockmann gestern ausdrücklich offen. Die DFB-Verträge mit Ufa und ISPR sind „mit sofortiger Wirkung nichtig“, wie Stockmann sagte. Die laufende Pokalrunde solle jedoch noch so weiterlaufen können wie bisher.
Der DFB hat allerdings auch im Hinblick auf den Europapokal noch nicht aufgegeben. „Wir werden unsere politischen Aktivitäten fortsetzen“, erklärte Justitiar Goetz Eilers ungerührt. Ideal wäre für den Fußballbund ein Gesetz, das den Profisport vom Kartellverbot ausnimmt, wie es einige Bundesländer bereits anstreben.
Doch der Verband könnte die angeblichen sportpolitischen Ziele auch anders weiterverfolgen. Zum einen könnte die Uefa die Zentralvermarktung der beiden Cups selbst übernehmen, wie sie es schon heute für die Champions League tut (taz von gestern). Kartellwächter Stockmann sagte, daß man die kartellrechtliche Prüfung in diesem Fall der EU-Kommission überlassen werde.
Der DFB könnte einen Ausgleichsfonds gründen
Die Alternative zu dieser europäischen Lösung wäre ein freiwilliger Ausgleichsfonds auf nationaler Ebene. Der DFB-Justitiar meinte gestern, die Vereine müßten auch dann die Pokaleinnahmen an den DFB abführen, wenn sie die Verträge selbst aushandeln. „Das ist so im Lizensspielerstatut geregelt“ – das sei vom Urteil nicht berührt. Was mit dem Geld dann aber passiert, entscheidet die Mehrheit im Ligaausschuß, in dem alle Bundesligavereine sitzen. Das Kartellamt signalisierte bereits, man sehe eine solche Lösung „sehr viel aufgeschlossener“. Christian Rath
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