: „Den Irak militärisch einhegen“
■ Der Grüne Helmut Lippelt plädiert für Militärmaßnahmen, würde aber notfalls den Verstoß des Irak gegen das Waffenverbot hinnehmen
taz: Unter welchen Bedingungen würden denn die Bündnisgrünen einen Militärschlag gegen den Irak unterstützen?
Helmut Lippelt: Selbst das israelische Militär sieht derzeit keine Bedrohung. Wenn aber Israel angegriffen würde, müßte das im Keim erstickt werden. Dann würde ein Teil von uns einer militärischen Operation zustimmen.
Der Irak weigert sich, seine Waffenarsenale durchsuchen zu lassen. Soll denn die Staatengemeinschaft diesen Bruch der UN- Resolution 687 hinnehmen?
Es ist ein Bruch, den kann man nicht hinnehmen. Allerdings sind wir dagegen, daß er mit einem Militärschlag beantwortet wird.
Welche nicht-militärischen Möglichkeiten sehen Sie?
Es muß deutlich gemacht werden, daß die Sanktionen aufgehoben werden, wenn Saddam Hussein die UN-Resolution erfüllt. Das haben die USA bislang nicht in Aussicht gestellt. Weiterhin plädiere ich für eine militärische Einhegung des Irak. Der gesamte Irak sollte zur Flugverbotszone erklärt werden, und die Raketen, die jetzt auf den Schiffen im persischen Golf stationiert sind, könnten dauerhaft stationiert werden.
Und wie soll auf diese Weise die Waffenkontrolle durchgesetzt werden?
Der Vorschlag soll vor allem der allgemeinen Drift hin zu einer militärischen Intervention die Spitze nehmen. Zudem gibt es ja einen Zusammenhang zwischen der Drohkulisse und den mittlerweile erzielten Vermittlungsergebnissen. Es scheint, daß ein Ziel erreicht wurde.
Welches Ziel?
Der Irak wird wohl den russisch-französischen Vorschlag akzeptieren und Palastanlagen durchsuchen lassen.
Das akzeptieren die USA und Großbritannien aber nicht.
Der französische Vorschlag ist ein gewisser Erfolg. Auf diesem Pfad muß weitergegangen werden.
Der Vorschlag bedeutet, daß die UN-Resolution nicht voll erfüllt wird.
Die Resolution muß eingehalten werden. Weil Saddam Hussein nicht kooperationsbereit ist, wurde ein enormes Gewaltpotential aufgebaut. Doch ist das Problem militärisch nicht zu lösen. Wenn die USA und andere auf einem Militärschlag beharren, wird der Nahe Osten weiter polarisiert.
Eine Kontrolle der Waffenarsenale ist also nicht durchsetzbar.
Man kann Hussein unter eine langwährende nachhaltige militärische Kontrolle stellen.
Das ändert den Status quo nicht.
Das wäre der Preis, den man zahlen muß, um die politischen Langzeitfolgen zu vermeiden.
Ihre Haltung läuft darauf hinaus, daß Deutschland sich aus allem möglichst raushalten soll.
Nein, das ist kein Raushalten. Die USA leiden anscheinend an einer mit ihrer Supermachtrolle verbundenen wachsenen Naivität in hochsensiblen Fragen.
Dem steht aber keine gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik der Europäer gegenüber.
Das ist die eigentliche Katastrophe. Die Engländer haben sich in alter Tradition auf die Seite Amerikas geschlagen, die Franzosen haben ebenso traditionell die Gegenposition bezogen. Es wäre Deutschlands Aufgabe mitzuhelfen, eine eigenständige europäische Politik zu entwickeln, um zwischen diesen Polen zu vermitteln. Sich sofort auf die amerikanische Seite zu schlagen, wie es die Bundesregierung jetzt tut, verhindert das.
Die Grünen-Position stellt auch nicht ein höheres Maß an europäischer Gemeinsamkeit her.
Doch, denn sie behält das Ziel einer Gemeinsamkeit im Auge.
Interview: Dieter Rulff
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