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Dalai Lama: Maffay mit Mutterwitz Von Wiglaf Droste

Was haben der Spiegel und Peter Maffay gemeinsam? Unter anderem dieses: Beide sind ganz vernarrt in den Dalai Lama. Während im Editorial der Spiegel-Titelgeschichte ausgerechnet der „Mutterwitz“ des tibetischen Skinheads gelobt wird, ließ sich Peter Maffay von dem Mann gleich ein Vorwort zu seiner jüngsten CD „Begegnungen“ schreiben, in dem allerlei Gemeinplätze über „mentale Veranlagungen“, „Kulturerbschaften“ und „festen Glauben“, nicht aber über festes Schuhwerk versammelt sind. Gleich mehrfach ist von „Respekt“ die Rede, was Leuten, denen der nicht ganz ohne Grund verweigert wird, natürlich gefällt; Peter Maffay schwärmte im Interview mit der Süddeutschen Zeitung vom „Respekt gegenüber Pflanzen, Tieren und Menschen“, den man sich mit Maffays zungengerolltem, irgendwie angeleckt klingenden „r“ ausgesprochen vorstellen muß: Hey, kleiner grüner Grashalm, wenn ich mit meiner Harley über dich drüberbrettere, dann nur aus Respekt.

Groß ist der Erlösungsbedarf im Land. Menschen, die so flach sind, daß sie als Scheiblette nicht erst wiedergeboren zu werden brauchen, möchten sich mit metaphysischem Tiefgang schmücken und aufblähen. Angestrengt horchen sie in sich hinein und müssen feststellen, daß da gar nichts ist. Da kommt ihnen der Buddhismus – oder das, was sie sich darunter vorstellen – mitsamt seinem Hauptdarsteller Dalai Lama gerade recht. Etwas, woran man glauben kann, das nichts bedeutet und irgendwie modern ist, das haben die Leute gern. Und so ist der Dalai Lama eine Art Papst für alle, die zu dumm sind, um aufs Gläubischsein verzichten zu können, und zu feige, um richtig an Gott zu glauben. Einen Glauben aber, den man mit Peter Maffay teilen muß, braucht kein Mensch. Wer will schon einen Gott, wenn auch Peter Maffay mit ihm sprechen darf?

Maffays Wunsch immerhin, seiner Existenz irgendeinen übergeordneten Sinn überzustülpen, scheint verständlich. Vor vielen Jahren wurde Maffay in einem rumänischen Securitate-Keller von Ceaușescu persönlich zusammengeklempnert und dann nach Deutschland geschickt – aus Rache. Und die hält an. Malträtierte Maffay die Ohren seiner Mitmenschen zunächst mit samenschwappendem Geschnulze, sattelte er später um, machte Rock'n'Roll für Versicherungsangestellte, stieg auf ein Motorrad und erklärte, von nun an immer geraderaus zu fahren, auch wenn eine Kurve käme oder ein Brückenpfeiler, denn so seien sie nun mal, der Rock'n'Roll und der Peter: geraderaus.

Seine neue CD „Begegnungen“ hat den Charme eines ökumenischen Feldgottesdienstes; fünf Kontinente hat Maffay abgeklappert, um mit vollauthentischen Menschen wie z. B. original australischen Aboriginalen allerlei Weltversöhnungsgepingel aufzunehmen und erneut, diesmal aber im Duett mit José Carreras, zu behaupten: „Irgendwo tief in mir bin ich ein Kind geblieben“. Wo genau? In der Nähe des Zwölffingerdarms vielleicht? Und ist es nicht schön, daß man nicht alles weiß?

Mauern einreißen und Grenzen überschreiten möchte Maffay, der sich und allen anderen aber auch Brötchenholen als Grenzerfahrung verhökern würde, wenn sich das lohnte. Auch so gesehen verbindet Maffay viel mit dem Spiegel und dem Dalai Lama.

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