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■ Teil 2 des käuflichen Irrsinns auf CD, vorgestellt in zwei Teilen:Die besten Sprüche der Welt!

Zwei Männer haben ein Problem miteinander. Ulrich Kienzle kann Bodo H. Hauser nicht ausstehen. Und umgekehrt. Heißt es. Die beiden arbeiten beim ZDF und moderieren eine Sendung namens „Frontal“. Hauser sagt die SPD- feindlichen Filmbeiträge an, Kienzle die gegen Kohl und seine erbarmungswürdigen Überreste. Hauser ist schwarz. Kienzle ist rot. Im Frontaltheater sitzen sie sich gegenüber und sagen Texte auf.

*

Noch Fragen, Kienzle?

Ja, Hauser. Wann beginnt bei Ihnen die Frühjahrsmüdigkeit?

Jedes Jahr pünktlich am 1. Januar. Und bei Ihnen?

Jede Woche pünktlich am Dienstag.

Immer noch besser, als wenn Sie am Dienstag Frühlingsgefühle kriegen.

Die habe ich auch. Wenn ich Sie blühen sehe, Hauser, schlage ich sofort aus.

Und wenn ich Sie dahinwelken sehe, blühe ich auf.

*

Und wenn die „Witze“ erstmal groß, also noch älter sind, dann wird daraus die nagelneue CD „Die besten Sprüche aus Frontal“ (Profiles/EMI Music). – Dem Tonträger mit 62 (!) der besten Sprüche ist ein Booklet beigegeben, das die Bedeutung des seltsamen Paars erklärt: „So verkörperten die beiden Antipoden jahrelang aus ihrer politischen pole position heraus die Bandbreite des öffentlich-rechtlichen Journalismus in Deutschland: Kienzle als Haßfigur der Rechtsausleger, Hauser als Buhmann des Linksliberalismus.“

Die beiden verkörpern gar nichts. Es gibt diese Momente, in denen man vor dem Fernseher sitzt und doch lieber unter den Couchtisch kriechen möchte. Bei „Frontal“ passiert es, weil man sich schämt. Schließlich haben die beiden doch sogar mal Abitur gemacht! Goethe gelesen. Adorno gebetet. Neil Diamond gehört.

Hauser und Kienzle ziehen sich jeden Dienstag vormittag in ein möbliertes Zimmer zurück und entwickeln dort möglichst abweichende Auffassungen. Zwischen ihnen sitzt ein Kollege, der auf allen Hauser/Kienzle-Devotionalien als Herausgeber bezeichnet ist. Und der formuliert bis zum Abend aus der Meinungsverschiedenheit, auf die sich die beiden Moderatorendarsteller einigen konnten, einen schnieken Einakter.

*

Noch Fragen, Kienzle?

Ja, Hauser. Warum nennen die Kids uns eigentlich „Saddam und der Deoroller“?

Also mit Saddam habe ich überhaupt keine Ähnlichkeit.

Und ich habe noch nie einen Deoroller benutzt.

Egal, Kienzle. Lieber aussehen wie Saddam als saudumm.

Und lieber wie ein Deoroller als wie Deo Waigel, gelle Hauser?

*

Diese „Kids“! Sie gucken immerzu „Frontal“ und schmücken vergilbte Gecken mit Kosenamen! Ja, diese Sendung ist hip! Nichts für Leute über 49 – und die Bemühungen, einen bizarren Jugendkult herbeizureden, sind rührend. Im Booklet kann man nachlesen, welchen Sphären sich Hauser und Kienzle so zu nähern gedenken: „Was Beavis & Butthead für MTV, was Stattler & Waldorff für die Muppet Show, was Stan & Ollie für den Stummfilm sind, das leistet sich Dieter Stoltes sonst so lammfrommes ZDF mit Hauser & Kienzle...“

Vielleicht hat Kienzle ja wirklich ein ernstes Problem mit Hauser. Dann könnte er Hauser ja auch mal einige Repliken anbieten, die nicht abgekaspert sind. Zum Beispiel beim anregenden Frühjahrsmüdigkeits-Sketch von vorhin:

*

Noch Fragen, Kienzle?

Ja, Hauser. Haben Sie sich heuer schon eine Zote einfallen lassen?

Jedes Jahr pünktlich am 1. Januar. Und bei Ihnen?

Vielleicht sonnabends.

Immer noch besser, als wenn Sie am Dienstag Frühlingsgefühle kriegen.

Lassen Sie doch die Frotzelei. Wenn ich Sie so ansehe, Mann, ich könnte vergehen.

Und wenn ich Sie dahinwelken sehe, blühe ich auf.

Um so besser. Ich werd' Ihnen mal zeigen, was dahinwelken heißt.

Ach, Kienzle, wissen Sie, dazu bin ich jetzt einfach viel zu müde.

Haben Sie sich nicht so, Hauser. Was zappeln Sie denn so kokett. Ah, ja, so ist es gut.

Na dann, guten Abend. André Mielke

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