: Suspendierte Polizisten werden angeklagt
■ Sie sollen zwei Ausländer schwer mißhandelt haben. Eine Genanalyse überführt Täter
Hamburg (taz) – Fünf Jahre nach dem Hamburger Polizeiskandal wegen gewalttätiger und rassistischer Übergriffe ist die Polizei der Hansestadt erneut in die Schlagzeilen geraten. Gegen fünf Polizisten der Wache 16 im Schanzenviertel, in dem sich ein Teil der offenen Drogenszene befindet, sowie gegen drei Beamte der bekannten Davidwache auf St. Pauli hat die Hamburger Staatsanwaltschaft Anklage wegen Körperverletzung im Amt und Freiheitsberaubung erhoben.
Nach den Ermittlungen des Staatsanwaltes habe sich der Verdacht erhärtet, daß die 32- bis 38jährigen Beamten aus dem Schanzenviertel am 14. November 1997 einen Afrikaner auf dem Parkplatz eines stillgelegten Schlachthofes schwer mißhandelt und verletzt haben.
Der Flüchtling aus Sierra Leone, der sich auf dem Weg zu einem Konzert im autonomen Stadtteilzentrum „Rote Flora“ befand, war zuvor von zwei Zivilfahndern des Reviers angehalten worden. Man wolle seine Personalien überprüfen, erklärten ihm die Beamten. „Man sagte mir, meine Papiere sind nicht in Ordnung, ich müßte mit zur Wache“, berichtete der Afrikaner der taz. „Ich sagte: kein Problem.“
Auf der Fahrt zum Revier 16 stiegen drei weitere Fahnder in das Fahrzeug ein. Statt zur Wache seien die Polizisten jedoch zum ungenutzten Schlachthofgelände in der Nähe des U- und S-Bahnhofs gefahren. Dort wurde der Afrikaner nach eigenen Angaben von zwei Beamten immer wieder geschlagen. Damit die Reisenden auf dem Bahnhof seine Schreie nicht hören konnten, sollen die Polizisten ihrem Opfer einen Handschuh in den Mund gesteckt haben. Mit Prellungen und Gesichtsverletzungen ließen die Beamten ihr Opfer schließlich zurück. Der Verletzte ging auf ein Polizeirevier und erstattete Anzeige.
Die Spur zu einem der Täter verfestigte sich bei einer Durchsuchung der Revierwache 16 durch das Polizeidezernat „Interne Ermittlngen“ (DIE). Dessen MitarbeiterInnen stellten im Spint des Beschuldigten Uwe E. einen Handschuh sicher, auf dem sich Speichelspuren befanden. Eine DNA-Analyse, berichtete gestern der Anwalt des Afrikaners, „ergab eine eindeutige Übereinstimmung“ mit dem Speichel seines Mandanten. Uwe E. und ein weiterer Beamter sind seit Anfang vorigen Jahres vom Dienst ausgeschlossen. „Die beiden sind immer noch suspendiert“, bestätigte gestern ein Polizeisprecher. Auch drei Beamte der St. Paulianer Davidwache sind ins Visier der Staatsanwaltschaft geraten. Sie sollen im Oktober 1997 einen 33jährigen wegen Falschparkens unberechtigt festgenommen und mißhandelt haben. Der Mann hatte die Polizisten auf der Reeperbahn angepöbelt, weil sie ihm ein Strafmandat verpaßten. Sie nahmen ihn aufs Revier mit, wo es nach den Erkenntnissen der Anklagebehörde handfest zuging. Drei Beamte im Alter von 35 bis 43 Jahren sollen den Falschparker mit dem Kopf auf eine Tischplatte geschlagen haben. Das Opfer erlitt ein Hämatom im Gesicht sowie Prellungen und Zerrungen an den Armen.
Wann die Verfahren gegen die Beamten eröffnet werden, steht noch nicht fest. In beiden Fällen ist die Anklage nach Angaben einer Gerichtssprecherin noch nicht zugelassen worden. Kai von Appen
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen