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Trittin setzt sich ziemlich durch

■ Koalition einig über Atomgesetz: Wiederaufarbeitung wird gestoppt, Zwischenlager direkt an den AKW, Atom-Haftpflichtversicherung wird teurer. Forschungsreaktoren nicht betroffen

Berlin/Hannover (taz) – Transparente, Fackeln und trommelnde Atomkraftgegner verschiedener Gruppen vor dem Gästehaus des Auswärtigen Amtes in Berlin: In der Hauptstadt ist doch mehr protestierendes Leben als in Bonn, wie die Spitzen von SPD und Bündnisgrünen gestern bei ihrer Koalitionsrunde feststellen konnten. In der verschneiten Villa verabschiedeten der Kanzler samt Minister und Fraktionschefs die Details des neuen Atomgesetzes.

Mit dem Gesetz, das nun am 27. Januar in den Bundestag eingebracht werden soll, wird die Wiederaufarbeitung abgebrannter Brennelemente verboten. Dieses Verbot soll sogar etwas früher wirksam werden als zuletzt erwartet. Es soll nach der Einigung, die in einem sechsseitigen Papier festgehalten wurde, pünktlich zum 1. Januar 2000 in Kraft treten.

Erstmals soll der Ausstieg und nicht die Förderung zum Zweck des Atomgesetzes gemacht werden. Nicht mehr die Förderung der Kernenergienutzung wird künftig im ersten Paragraphen des Atomgesetzes stehen, sondern der gesetzliche Auftrag, „die Nutzung der Kernenergie zum Zwecke der Energiegewinnung geordnet und sicher“ zu beenden.

Der nach vierwöchigem Dauerstreit gefundene Kompromiß folgt in den meisten Punkten dem Gesetzentwurf von Jürgen Trittin, den Bundeskanzler Gerhard Schröder Mitte Dezember kurzerhand von der Tagesordnung des Bundeskabinetts genommen hatte. Einer Erklärung von Grünen-Spitzenpolitikern zufolge sollen mit der Gesetzänderung die Betreiber der deutschen Atomkraftwerke auch dazu verpflichtet werden, „auf eigene Kosten die Sicherheit ihrer Anlagen zu überprüfen und das Ergebnis dieser Überprüfung binnen Jahresfrist vorzulegen“.

Auch die Unterversicherung der deutschen AKW kann Trittin jetzt, wie schon im Dezember geplant, beenden. Die Deckungsvorsorge für die Haftung bei Atomunfällen soll von bisher 500 Millionen Mark auf fünf Milliarden Mark erhöht werden. Im Zuge des Verbots der Wiederaufarbeitung – der Beschränkung der Entsorgung auf die direkte Endlagerung – sollen außerdem alle AKW-Betreiber zum Bau von standortnahen Zwischenlagern verpflichtet werden.

Das Bundesumweltministerium hat in den Verhandlungen mit den anderen Ressorts aber auch Federn lassen müssen. So soll es zwar künftig keine neuen Genehmigungen für Atomanlagen zur Energiegewinnung mehr geben. Das Verbot von neuen Forschungsreaktoren findet sich aber nicht mehr in dem koalitionsinternen Kompromiß. Trittin hatte zunächst Forschungsreaktoren mit einer thermischen Dauerleistung von mehr als einem Megawatt keine Genehmigungen mehr erteilen wollen. Dies hätte auch den umstrittenen neuen Forschungsreaktor II in Garching bei München betroffen, der mit hochangereichertem Uran betrieben werden soll.

Erhebliche Abstriche hat das Bundesumweltministerium auch bei der im Koalitionsvertrag vorgesehenen Klarstellung der Beweislastregelung für AKW-Betreiber hingenommen. Bei begründetem Gefahrenverdacht sollen die Aufsichtsbehörden von den Betreibern jetzt nur noch weitere Nachweise zur Sicherheit ihres Atomkraftwerks verlangen können. Hier wollte Trittins bisheriger Gesetzentwurf den Aufsichtsbehörden weit mehr Rechte geben. Gerade gegen diese Regelungen war die Atomwirtschaft Sturm gelaufen. Jürgen Voges

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