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Sanfter Elefant im Porzellanladen

■ Jetzt bloß nichts falsch machen: Schröder ist beim Berliner Gipfel zum Erfolg verdammt

Ganz brav ist Gerhard Schröder geworden, zumindest öffentlich. „Europa ist mehr als die Summe nationaler Interessen,“ hat der Bundeskanzler gelernt, und er betont den Wert der deutsch-französischen Freundschaft. Mit falschem Komparativ, aber viel Gefühl erklärt auch sein Außenminister Joschka Fischer, die Partnerschaft zwischen beiden Ländern für heute „vielleicht noch unersetzlicher“ als vor 50 Jahren.

Die kühle Pariser Reaktion auf die Avancen will Bonn gelassen hinnehmen. Trotz harscher französischer Kritik nannte Schröder den EU-Sondergipfel auf dem Petersberg Ende Februar „eine der Sache weiterhelfende Zusammenkunft“. Regierungssprecher Uwe- Karsten Heye bezeichnete ihn gar als „außerordentlich konstruktiv“. Tatsächlich gehört Theaterdonner zum Geschäft und wird stets dann besonders laut, wenn es – wie jetzt – um viel Geld geht. Ist ein gemeinsamer Erfolg erreicht, verziehen sich die Wolken im allgemeinen schnell.

Aber wird es einen gemeinsamen Erfolg geben? Nicht mehr ganz schlecht stehen die Chancen, daß sich die Staats- und Regierungschefs beim EU-Gipfel in zwei Wochen auf ein Konzept zur Reform der Gemeinschaft einigen. Schröder hat jedoch innenpolitisch die Latte selbst so hoch gelegt, daß er im eigenen Land kaum Lorbeeren ernten dürfte. Seine kruden Äußerungen, das deutsche Geld werde in Brüssel „verbraten“ und die deutsche Scheckbuchdiplomatie in der EU müsse ein Ende haben, haben Hoffnungen geweckt, die der Kanzler nicht erfüllen kann.

Vor allem Bayerns Ministerpräsident Edmund Stoiber schürt die Ansprüche. Schröder und Fischer freuen sich inzwischen schon, wenn die deutschen Netto-Zahlungen nicht noch weiter ansteigen. „Grotesk“ nennt man es im Kanzleramt, „auch nur davon zu träumen, daß man 14 Milliarden Mark von den deutschen Beiträgen runter könne“ – und das auch noch mit der Forderung verbinde, die Bundesregierung solle kein außenpolitisches Porzellan zerschlagen. Stoiber träumt dennoch öffentlich weiter und droht, im Bundesrat gegen den Finanzteil der Agenda 2000 zu stimmen. Immerhin finden am 13. Juni die Wahlen zum Europaparlament statt.

Neu im Amt und im Zeichen der europäischen Wahlkampfs kam die EU-Ratspräsidentschaft für die Bundesregierung zu einem ungünstigen Zeitpunkt. Und: Der Gipfel findet in Berlin statt, gerade 80 Kilometer von der Ostgrenze der Europäischen Union entfernt. Schon 1993 versprach der Europäische Rat in Kopenhagen zehn mittel- und osteuropäischen Staaten den Beitritt zur EU. Ist er erfolgt, nimmt die landwirtschaftliche Fläche in der Gemeinschaft um 50 Prozent zu, die der Beschäftigten in der Landwirtschaft um 115 Prozent.

Die fünf Staaten, mit denen seit Oktober 1998 Beitrittsverhandlungen laufen, drängen auf konkrete Terminzusagen. Ohne Agrarreform ist die Osterweiterung der EU nicht zu finanzieren. Deutschland aber hat nicht nur ein besonderes Interesse, sondern darüber hinaus historisch eine besondere Verantwortung für die Integration der Länder im Osten Europas. Der Geschichte kann sich auch Gerhard Schröder nicht enziehen. Er ist zum Erfolg verdammt. Bettina Gaus, Bonn

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