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Massengrab aus dem Drogenkrieg

Die Gräber an der amerikanisch-mexikanischen Grenze sollen die Leichen von Personen bergen, die im Drogenkrieg ermordet wurden  ■   Aus Washington Peter Tautfest

Südlich der mexikanischen Stadt Juarez suchen die mexikanische Polizei und das amerikanische FBI auf zwei Farmen nach vermuteten Massengräbern. Die Farmen sind vom mexikanischen Militär abgeriegelt und gegen Einsicht von außen geschützt. Fotografen werden Kameras und Filme abgenommen. Das FBI hat nach Angaben des Fernsehsenders CBS seit Monaten durch einen Informanten, einen ehemaligen mexikanischen Polizisten, Kenntnis von zwei Massengräbern, in denen sich bis zu 200 Leichen befinden könnten. Die Leichen sollen jetzt exhumiert und zur gerichtsmedizinischen Untersuchung nach El Paso in Mexiko gebracht werden.

Bei den Leichen könnte es sich um dutzende Dealer und Informanten handeln, die im Drogenkrieg von Juarez umgekommen sind. In Juarez, einer Stadt, die am Rio Grande unmittelbar gegenüber der texanischen Stadt El Paso liegt, sind in den letzten Jahren nach dem Tod von Amado Carrillo Fuentes, dem Boss des Juarez-Drogenkartells, hunderte Menschen getötet worden oder spurlos verschwunden. Sie alle sind vermutlich Opfer eines Machtkampfes zwischen dem alten Juarez-Kartell und neu entstehenden Kartellen.

Juarez gilt als einer der wichtigsten Umschlagplätze für Marihuana und Kokain, die aus Mexiko und Kolumbien in die USA geschmuggelt werden. Juarez ist deshalb auch eine der gewalttätigsten Städte Amerikas mit einer extrem hohen Mordrate. In und um Juarez verschwanden in den letzten Jahren eine große Zahl von Menschen spurlos, manche wurden auf offener Straße entführt – zum Teil von Leuten, die Uniformen der mexikanischen Polizei trugen. Das Verhältnis zwischen amerikanischen und mexikanischen Behörden ist seit Jahren gespannt.

Die US-Behörden haben ihre Information, über die sie offensichtlich schon seit längerer Zeit verfügen, zunächst nicht an mexikanische Behörden weitergegeben, weil sie der mexikanischen Polizei nicht zutrauen, die Untersuchung von Drogenhandel und die Verfolgung der Drogenkartelle überhaupt in Angriff nehmen zu wollen. Die US-Behörden werfen der mexikanischen Polizei sogar vor, als Privatarmee der Drogenbosse zu fungieren und bis in die höchste Spitze hinein korrupt zu sein. Für die Kartelle ist das Bestechen der Polizei billiger, als eigene Privatarmeen anzuheuern. Die Mexikaner werfen dem FBI und der amerikanischen Drogenpolizei vor, die mexikanische Souveränität durch eigenmächtige und unerlaubte Untersuchungen auf der mexikanischen Seite der Grenze zu verletzen.

Nicht alle Verbrechen müssen mit der Rolle Juarez' als Hochburg des Drogenhandels zusammenhängen. In und um Juarez sind in den letzten Jahren auch eine bisher unbekannte Zahl von jungen Arbeiterinnen verschwunden, die es an die amerikanische Grenze in die sogenannten maquiladores gezogen hatte, Fabriken, in denen amerikanische, japanische und koreanische Firmen die billige mexikanische Arbeitskraft nutzen. Das Verschwinden der jungen Frauen gab Rätsel auf, die bisher nicht gelöst wurden. Die mexikanischen und amerikanischen Behörden haben eine Hotline eingerichtet, bei der sich Angehörige von Verschwundenen erkundigen oder Informationen beisteuern können.

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