: Nachrichtenjagd per Hubschrauber
■ NTV bekommt Konkurrenz aus Unterföhring: Am 24. Januar startet N 24, der neue Nachrichtensender aus dem Hause Pro 7
Zoom auf Bill Gates. Ein Hochhaus stürzt ein. Der Papst segnet den Erdkreis. Ein Tanker brennt. Claudia Schiffer lächelt. Jugendliche werfen Steine. Bill Clinton freut sich. Ball prallt vom Pfosten ins Tor. Jetzt freut sich Bill Gates.
Im wirbelnden Bildersturm des Trailers, mit dem sich am vergangenen Dienstag in der Hamburger Kunsthalle der neue Nachrichtenkanal N 24 der Öffentlichkeit präsentierte, bot allein der Werbespruch des Senders optischen Halt: „Willkommen im Jetzt!“
Weil dem Jetzt aber bereits die recht erfolgreichen Mitbewerber von NTV einwohnen, erläuterte Geschäftsführer Ulrich Ende ausführlich, warum ab dem 24. Januar 2000 im Nachrichtengeschäft noch ein Plätzchen für N 24 frei ist, frei sein muss: Das Informationsbedürfnis steige nämlich weiter, weil auch die Globalisierung voranschreite. N 24 wolle „inhaltlich wie optisch“ Maßstäbe setzen und „Vorbild für andere sein“ – z. B. für die einzigen „anderen“ im Markt, die Kollegen von NTV.
Inhaltlich wird sich N 24 der Archive und des Korrespondentennetzes seiner Geschwister Pro 7 und Kabel 1 bedienen können. 80 Prozent des Programms sollen auf diese Weise selbst generiert werden, gesendet wird live von 6 bis 24 Uhr. Nachrichten, Wirtschaft, Talk und Magazine sind die vier Säulen der Programmstruktur, wobei sich N 24 bei der Wirtschaftsberichterstattung vom US-Mediendienst Bloomberg zuarbeiten lässt: Formate wie „Chefsache“ sollen, so Ende, den „Entscheidungsträgern der Wirtschaft eine Plattform“ und den Zuschauern Einblick in deren Leben und Wirken geben. Nach journalistischer Kompetenz befragt, verweist der Geschäftsführer gerne auf den betriebseigenen Helikopter, dessen erstaunliche Eigenschaften ihm mit „Newscopter“ sogar eine eigene Sendung bescheren. Gleiches gilt für Sabine Noethen, die ein allabendliches Nachrichtenmagazin moderieren wird, und Thomas Koschwitz, der für eine Latenight-Talkshow gewonnen wurde. Daneben werden Journalisten von Welt, Berliner Zeitung, Süddeutsche Zeitung und Bunte im „Politischen Quartett“ um die Wette debattieren.
Optisch kommt N 24 den Gewohnheiten von Internet-Surfern entgegen: Eingeblendete Marken sollen die Orientierung erleichtern, die Farben fächern sich vom hellen Orange des Morgens bis zum Nachtblau der Abendstunden. Stolz ist man auch auf den so genannten Crawl – die am unteren Bildrand durchlaufenden Aktiennotierungen kann sich der Zuschauer per Videotext erweitern lassen. Bei so viel technischer Verve nimmt es nicht wunder, dass N 24 sich auch als Internet-Portal profilieren will, ganz im Sinne der multimedialen Marschrichtung des Mutterkonzerns.
„So weit ein erster Überblick über unsere Nachrichtenstruktur“, kann Ulrich Ende noch sagen, dann ist plötzlich der Strom weg. Zumindest der Hamburger Kunsthalle hat es an diesem Abend den Schalter rausgehauen. fra
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