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„Frauen werden auf hohem Niveau generalisiert“

Die Medienwissenschaftlerin Alexandra Kühte hat das Frauenbild von „Emma“ untersucht: Gezeigt werden Ausnahmeerscheinungen

taz: Frau Kühte, wird Emma noch gebraucht?

Alexandra Kühte: Nun ja, nach dreißig Jahren hat sich gesellschaftlich eine Menge verändert, aber Emma hat trotzdem noch immer eine singuläre Stellung in der Medienlandschaft – ohne Alice Schwarzer hätte sie diese Bedeutung allerdings nicht.

Ohne Alice keine Emma?

Eine feministische Zeitschrift hätte es Ende der Siebziger sicher auch ohne eine solche Persönlichkeit geben können, heute nicht mehr.

Weil die anderen Medien das Frauenthema längst integriert haben?

Genau. Der Markt der konventionellen Frauenzeitschriften ist ja ziemlich dicht besetzt, es gibt mehr als 70 Titel, in denen längst kein traditionelles Frauenbild mehr verbreitet wird.

Trotz der Schminktipps?

Die Konsumthemen sind natürlich ein fester Bestandteil bei konventionellen Frauenzeitschriften, aber längst auch Gleichberechtigung und Emanzipation – natürlich nicht in dem für Emma typischen provokanten Ton, ohne diese emotional geführten Diskussionen, denen es oft an Sachlichkeit fehlt. Emma könnte viel glaubwürdiger sein.

Heißt das, Emma arbeitet nicht journalistisch?

Doch, natürlich. Es werden eben alle Themen aus der Frauenperspektive betrachtet, was teilweise bemüht wirkt. Nach dreißig Jahren findet man zum Teil immer noch Statements aus den Siebzigern.

Ist das Frauenbild der Emma nicht mehr aktuell?

Auch Emma hat sich modernisiert: Damals dominierte noch die negative Wahrnehmung, Frauen als Unterdrückte und Opfer. Das findet man heute auch noch, aber es dominiert die optimistisch-positive Betrachtungsweise – es wird allerdings meist nur eine kleine, elitäre Gruppe von Frauen thematisiert. Das sind weibliche Ausnahmeerscheinungen aus Wirtschaft, Politik und Gesellschaft.

Sogenannte Karrierefrauen?

Frauen, die es geschafft haben und sich in Männerdomänen durchgesetzt haben. Weibliche Eliten. Frauen werden von Emma auf hohem Niveau generalisiert.

Emma ist elitär?

Elitär in der Weise, dass sowohl die Zielgruppe als auch die von Emma thematisierten Frauen einer Minderheit angehören. Die Zeitschrift ist nicht für alle Frauen relevant.

Ist das Frauenbild der Emma relevant?

Der Blick auf die Frauen ist grundsätzlich positiv, Frauen werden nur kritisiert, wenn sie nicht frauenbewusst auftreten. Es handelt sich um eine kontrastierende Herangehensweise: auf der einen Seite die Frau, die in Emma häufig noch Opfer ist, und auf der anderen Seite die Männer – die auch weiterhin in Emma selten gut wegkommen.

Emma ist gestrig?

Zu viel Veränderung sollte man bei der Emma gar nicht vornehmen. Sie ist immer noch ein Aufreger mit ihren Statements, die von Schwarzer kommuniziert werden – und immer noch oft der Zeit voraus: Frauen in der Bundeswehr zum Beispiel waren dort schon ein Thema, als der Mainstream längst noch nicht daran dachte.

Dann braucht man also keinen „neuen Feminismus“, der alte ist frisch genug?

Der bissige Ton von Alice Schwarzer kommt einem allerdings tatsächlich ganz schön gestrig vor: „Männermedien“, „Zwangsheterosexualität“ … Das hat man schon zu oft gehört.

Das erwartet man doch auch von Emma, oder?

Das ist richtig. Ohne diese provokative Herangehensweise und die Überspitzungen hätte Emma auch nicht so viel erreicht. Man musste so handeln, um durchzudringen. Und wenn man Bücher wie die von Eva Herman liest, merkt man sehr schnell, wie wichtig Emma auch heute noch ist. Trotz der kleinen Auflage ist Emma sehr bekannt, mehr als die Hälfte der Deutschen kennt die Zeitschrift.

Liest aber stattdessen lieber andere Frauenzeitschriften.

Die aber nicht so kompromisslos und unkonventionell sind. Natürlich gehört es sich heute für Mainstream-Medien, Gleichberechtigung zu thematisieren – auch, um die Kundschaft zu bedienen. Doch nur in Emma wird durchgängig aus Frauenperspektive berichtet.

INTERVIEW: MARTIN REICHERT

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