: Kostspielige Konzerngeschenke
Gesetzentwurf sieht deutlich niedrigere Unternehmensteuern vor. Kritiker zweifeln an Gegenfinanzierung. Selbst die Regierung rechnet 2008 mit 8 Milliarden Euro Ausfällen
BERLIN taz ■ Die nächste Steuerreform nimmt konkrete Züge an. Ein jetzt vorgelegter Referentenentwurf geht am 14. März ins Kabinett; noch vor der Sommerpause sollen Bundestag und Bundesrat zustimmen. Und dann können sich Konzerne darauf freuen, ab 2008 nur noch 29,8 Prozent Steuern – Körperschaftsteuern plus kommunale Gewerbesteuern – auf ihre Gewinne zu zahlen statt bisher 38,7 Prozent. Die zumeist mittelständischen Personengesellschaften zahlen nur noch 28,25 statt bis zu 42 Prozent Einkommensteuern, wenn sie ihre Gewinne reinvestieren.
Die offizielle Begründung für die Geschenke an die Unternehmen ist der internationale Steuerwettbewerb. Um Abwanderung von Firmen zu verhindern, hat Rot-Grün erst 2001 den Körperschaftsteuersatz von bis zu 40 auf 25 Prozent gesenkt. Jetzt will Schwarz-Rot auf 15 Prozent runtergehen. Geschätzte Steuerausfälle durch die neue Reform: 29 Milliarden Euro pro Jahr.
Diese Verluste will die Regierung wenigstens zum Teil ausgleichen: Erstens sollen Gewerbesteuern künftig nicht mehr als Betriebsausgabe von den sonstigen Steuern abgesetzt werden können. Zweitens wird die degressive – also anfänglich höhere – Abschreibung abgeschafft. Drittens sollen Konzerne am Kauf leerer Firmenmäntel gehindert werden, die nichts als Verluste in ihren Büchern stehen haben – nur um dann diese Verluste steuermindernd von den eigenen Gewinnen abzuziehen. Viertens soll die Produktionsverlagerung ins Ausland verhindert werden, wenn die Unternehmen zuvor ihre Entwicklungskosten in Deutschland abgesetzt haben. Und fünftens sollen Unternehmen künftig Steuern auf Kreditzinsen zahlen, jedenfalls wenn ihre Finanzierungsstruktur allzu deutlich auf Steuervermeidung ausgelegt ist.
Diese Zinsschranke ist nach wie vor umstritten, macht aber Sinn: Viele Konzerne finanzieren sich zu einem großen Teil mit Krediten. Die Zinsen konnten sie bislang als Kosten steuerlich geltend machen. In Wirklichkeit aber fließen die Zinszahlungen auf ein Konto desselben Konzerns im Ausland, wo sie als Gewinne verbucht und auch versteuert werden – aber nun nur noch zu einem Steuersatz von 10 Prozent etwa in Malta oder 12,5 Prozent in Irland statt fast 39 Prozent in Deutschland.
Ob es aber gelingt, auf diese Weise die Steuerausfälle auf 5 Milliarden Euro jährlich zu begrenzen, daran bestehen große Zweifel. „Die Gegenfinanzierung besteht zum Teil aus bloßen Luftbuchungen“, kritisiert der Abgeordnete Axel Troost von der Linkspartei. „Die tatsächlichen Steuergeschenke für die Konzerne könnten den Staat doppelt so viel wie geplant kosten.“ Selbst die Regierung gibt zu, dass es zumindest anfangs eher 8 Milliarden Euro sein werden. Der Wiesbadener Wirtschaftsprofessor Lorenz Jarass rechnet mit „Ausfällen von weit über zehn Milliarden in den nächsten Jahren“. Bei der geplanten Gegenfinanzierung handele es sich in vielen Fällen „um reine Hoffnungswerte“ – etwa höheres Wirtschaftswachstum.
Auch für Privatanleger gibt es Änderungen. Die Spekulationsfrist von einem Jahr, nach der Aktienverkäufe steuerfrei blieben, wird abgeschafft. Erlöse beim Verkauf von Fondsanteilen müssen ebenfalls versteuert werden. Nebenher gibt es aber auch noch ein dickes Steuer-Bonbon für Gutverdiener. Mussten sie bisher ihre Kapitalerträge mit ihrem individuellen Einkommensteuersatz von bis zu 42 Prozent versteuern, so fällt künftig nur noch eine Abgeltungsteuer von 25 Prozent an.
Netter Nebeneffekt für alle, die etwas vor dem Fiskus zu verbergen haben: Die Kontenabfrage durch die Finanzämter wird wieder abgeschafft. Mit einer Ausnahme: Empfänger von Hartz IV. NICOLA LIEBERT
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