Einigkeit im Kampf für den Tempelberg

Die Empörung über israelische Bauarbeiten am Zugang zur Al-Aksa-Moschee eint die zerstrittenen Palästinenser

„Unsere Führer haben das besondere Talent, die Palästinenser gegen uns zu einen“

JERUSALEM taz ■ In einem sind sich Palästinenserpräsident Mahmud Abbas und sein politischer Gegner, Hamas-Politbürochef Chaled Meschal, schon zu Beginn ihrer Gespräche in Mekka einig: Israel muss umgehend die Grabungen am Tempelberg einstellen. Die Restauration der Mugrabi-Brücke, die zur heiligen Al-Aksa-Moschee in der Ostjerusalemer Altstadt führt, ist nach israelischer Einschätzung zum Schutz von Besuchern notwendig. Muslime argwöhnen dagegen, die Israelis wollten den Zugang zur Moschee zerstören – wenn nicht gar das Heiligtum selbst. Scheich Raad Salach, Chef der Islamischen Bewegung in Nord-Israel, wurde gestern vorrübergehend festgenommen, als er versuchte, den Tempelberg zu erreichen.

Der frommen Juden wie Muslimen gleichermaßen heilige Tempelberg war wiederholt Schauplatz blutiger Auseinandersetzungen. 80 Menschen starben bei gewalttätigen Demonstrationen, nachdem die israelische Regierung 1996 über die Öffnung eines Tunnels an der Klagemauer entschieden hatte. „Die Palästinenser können alles als Vorwand für Unruhen nutzen“, kommentierte der damalige Premierminister Benjamin Netanjahu. Vier Jahre später löste der Besuch des späteren Premiers Ariel Scharon, der mit riesigem Polizeiaufgebot auf den Tempelberg zog, die zweite Intifada aus.

Auch die aktuellen Bauarbeiten sind ein „Spiel mit dem Feuer“, kommentierte gestern die israelische Tageszeitung Jediot Ahronot. „Immer wenn die Palästinenser mit internen Kriegen beschäftigt sind, haben unsere Führer das besondere Talent, sie gegen uns zu einen.“ Tatsächlich rief der palästinensische Premierminister Ismael Hanijeh das palästinensische Volk dazu auf, „sich gemeinsam zu wehren, um al-Aksa und die heiligen Städte auf unserem gesegneten Land Palästina zu schützen“.

Im Gaza-Streifen fanden bereits erste Demonstrationen statt. Palästinenserpräsident Mahmud Abbas warnte sogar, dass die Bauarbeiten am Tempelberg die nahöstlichen Friedensbestrebungen gefährden könnten. Prompt beschuldigte die israelische Außenministerin Zippi Livni die Palästinenser, „jede Gelegenheit zu missbrauchen, um die radikalen Emotionen anzustacheln“.

SUSANNE KNAUL