: Wirtschaft von Einigung überrascht
Umweltschützer begrüßen die „späte Einsicht der Regierung“, fürchten aber noch das Kleingedruckte
BERLIN taz ■ Der Klimastreit zwischen Berlin und Brüssel ist seit gestern zu Ende, weil Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) es so wollte. Warum? „Merkel hat gesagt, sie könne sonst nicht international für den Klimaschutz eintreten. Darum!“, so heißt es aus der Chefetage im Haus von Umweltminister Sigmar Gabriel (SPD). Intern sei schon seit längerem klar gewesen, dass sich Berlin im Streit um die Verschmutzungsrechte den Brüsseler Vorgaben beugen werde.
Offiziell hatte sich die Bundesregierung allerdings noch bis gestern gegen die Forderung der EU-Kommission gewehrt, der deutschen Industrie nur einen Ausstoß von 453 Millionen Tonnen an klimaschädlichem Kohlendioxid pro Jahr zuzugestehen. Vor allem CSU-Bundeswirtschaftsminister Michael Glos stellte sich vor die Industrie. Diese hatte davor gewarnt, dass strengere Auflagen für die Wirtschaft kostspielig würden, da sie in neue Technik investieren müsse.
Thomas Hüne vom Bundesverband der Deutschen Industrie warnte auch gestern: „Das wird für Unternehmen und Bürger teuer.“ Die Energiekonzerne Eon und RWE wurden offenbar von der Einigung gestern überrascht. Ihnen verschlug es die Sprache, bis Redaktionsschluss wollten sie sich nicht äußern: „Wir müssen erst die Faktenlage prüfen“, hieß es auf taz-Anfrage.
Patricia Nicolai vom Verband der Elektrizitätswirtschaft sagte nur: „Die deutsche Vorreiterrolle beim Klimaschutz darf nicht dazu führen, dass die Bundesrepublik und insbesondere die Energiewirtschaft zum Ausputzer für andere Länder werden.“
Umweltschützer halten die neuen Klimavorgaben hingegen für richtig. Rainer Baake von der Deutschen Umwelthilfe begrüßt „die späte Einsicht der Bundesregierung“. Er fürchtet aber das „Kleingedruckte“. Vorgestern hatte die EU-Kommission ihre Klimaschutzvorgaben für Pkw aufgeweicht, was vor allem den deutschen Herstellern nützt. Zufall?
„Es ist nicht gedealt worden“, hieß es aus der Führungsebene des Umweltministeriums. Soll heißen: Berlin hat nicht deshalb beim Emissionshandel zurückgezogen, weil Brüssel tags zuvor bei den Abgasvorschriften für Autos nachgegeben hat.HANNA GERSMANN
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