: Holzklötzchen im Öko-Dilemma
Pelletheizungen gelten als klimafreundliche Alternative zu Öl und Gas. Gleichzeitig blasen sie gesundheitsschädlichen Feinstaub in die Luft. Neue Richtlinien sollen helfen. Von alten Öfen müssen sich Hausbesitzer spätestens 2015 trennen
AUS BERLIN HANNA GERSMANN
Bislang lief das Geschäft von Helmut Gastl perfekt. Denn Heizen mit Holz erlebt ein Comeback. Und Gastl ist auf die Öfen dafür spezialisiert, genauer auf Pelletheizungen. Er leitet die Firma Ökofen Heiztechnik im süddeutschen Mickhausen. In der letzten Zeit hat er mehr verkauft denn je. Doch nun hört und liest er immer wieder das: Holzfeuer machen krank.
Feuerstätten für Holz schleudern nämlich Feinstaub in die Luft, der im Verdacht steht, Krebs auszulösen – und zwar in Mengen: Aus den Kaminen und Holzöfen in Deutschland stammen mittlerweile genauso viel Dreckpartikel wie aus allen Autos, Motorrädern und Lastwagen.
Gastl kommt die Debatte freilich ungelegen. Er ist auch Vorstand der Deutschen Energie-Pellet-Verbandes und fürchtet um das Image der Branche. So reiste er gestern nach Berlin, um vor Journalisten „mehr Objektivität und Genauigkeit“ zu fordern. Die Verbraucher seien verunsichert.
Allein im letzten Jahr haben 26.000 Privatleute eine Pelletheizung eingebaut. Das sind zumeist „umweltbewusste Häuslebauer“, sagt Gastl. Holz gilt nicht nur als preiswerte Alternative zu Öl und Gas. Es schont auch das Klima. Beim Verbrennen wird nur so viel vom Treibhausgas Kohlendioxid abgegeben, wie der Baum beim Wachsen aufgenommen hat.
In diesen Tagen aber klingelt bei Gastl, wie er sagt, „ganz oft das Telefon“. Kunden fragen: „Öl ist tabu. Gas ebenso. Und nun auch Holz? Womit sollen wir noch heizen?“ Gastl meint: „Holz ist nicht gleich Holz, Ofen nicht gleich Ofen.“ Tatsächlich haben die modernen Pelletheizungen mit dem guten alten Kaminofen nicht viel gemein. Perfekt sind sie darum aber nicht.
Pellets sind kleine Presslinge aus Holz- und Sägespänen. Sie beanspruchen nicht nur weniger Platz als Holzscheite. Sie haben aufgrund der Verdichtung auch eine deutlich höhere Energieausbeute. Letztes Jahr wurden hierzulande 300.000 Pellets verheizt. Schon nächstes Jahr, so schätzt Gastl, könnten es zwei Millionen sein. Mittlerweile würden extra schnell wachsende Bäume wie Pappeln und Weiden angepflanzt, um den Bedarf der nächsten Jahre zu decken.
Noch machen Pellets nur fünf Prozent allen Holzes aus, das verbrannt wird. „Sie sind aber schon für ein Prozent der Feinstäube aus Holzöfen verantwortlich“, sagt Expertin Anja Behnke vom Umweltbundesamt. Ein reiner Brennstoff sieht anders aus. Wer mit Gas heizt, schädigt stärker das Klima, schneidet dafür in puncto saubere Luft besser ab. Behnke: „Wir haben einen ökologischen Zielkonflikt.“
Das soll sich jetzt ändern. Ofen- und Kesselbauern werden künftig verpflichtet, nicht nur für prima Klima, sondern auch für gute Luft zu sorgen. Mitarbeiter des Bundesumweltministeriums tüfteln derzeit an einer neuen Bundesimmissionsschutzverordnung, die die Staubemissionen begrenzen soll.
So viel ist bereits klar: Zum einen müssen Hausbesitzer alte qualmende Kamine und Öfen, die keinen historischen Wert haben, im Jahre 2015 rausreißen. Zum anderen muss aber auch die Pelletbranche die Technik verbessern, um die neuen Limits einzuhalten. Der Verantwortliche im Bundesumweltministerium, Uwe Lahl, erklärt: „Sonst haben wir in Städten in wenigen Jahren wieder dicke Luft.“
Geschäftsmann Gastl sieht das Problem nicht. Feinstaub aus modernen Holzofenanlagen sei „weniger schädlich“ als der aus dem Auspuff, meint er. Mit dieser Aussage steht er jedoch ziemlich allein. „Bislang gibt es keine belastbaren Studien“, stellt Ökotoxikologe Wolfgang Ahlf fest. Gastl hatte den Mann von der Technischen Universität Hamburg-Harburg gestern eigentlich zur Unterstützung geladen.
Gastl und Kollegen bleibt nichts anders übrig, als die Belastungen deutlich zu mindern. Noch können sie das nicht. Die Ingenieure arbeiteten aber schon an neuen Filtern, erklärt Volker Lenz vom Leipziger Institut für Energetik und Umwelt. Zudem werde an der Brennwerttechnik gefeilt. Uwe Lahl vom Bundesumweltministerium empfiehlt: „Wer jetzt einen Pelletofen kauft, sollte auf das Umweltzeichen Blauer Engel achten“ – dann sei er vor den größten Dreckschleudern sicher.
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