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„Der Islam verbietet so was“

Auch am zweiten Verhandlungstag in Madrid bestreiten die Angeklagten jede Verwicklung in die Anschläge vom 11. März 2004 und verurteilen die Taten

„Ich verurteile diese Anschläge und alle Anschläge weltweit“

MADRID taz ■ Auch der zweite Verhandlungstag im Verfahren zu den Anschlägen auf die Pendlerzüge in Madrid vom 11. März 2004 erwies sich als zäh und langwierig. Wie bereits am Vortag der Ägypter Osman al-Sayed weigerten sich auch die beiden anderen Hauptangeklagten Youssef Belhadj und Hassan El Haski, auf die Fragen der Staatsanwaltschaft und der Nebenklage zu antworten. Sie ließen die Vernehmung schweigend und mit starrer Mine über sich ergehen.

Erst als die Reihe an ihre Verteidiger kam, antworteten sie ruhig und ohne zu zögern. Belhadj und El Haski erklärten sich für „unschuldig“. Rabei Osman, der am Nachmittag des ersten Verhandlungstages nach längerem Drängen ebenfalls seinem Anwalt Rede und Antwort stand, hatte das Gleiche getan. Die Staatsanwaltschaft fordert gegen Belhadj, El Haski und Rabei Osman jeweils 38.656 Jahre Haft. Sie sollen die Chefideologen der islamistischen Zelle sein, deren Bomben 191 Menschen töteten und knapp 2.000 verletzten. Alle drei versuchten in langen Ausführungen den Eindruck zu erwecken, normale Immigranten zu sein, die sich zeitweise ohne Papiere als Schwarzarbeiter durch verschiedene europäische Länder schlugen. Nach Spanien seien sie in der Hoffnung gekommen, bei einem der Regularisierungsprozesse für illegale Immigranten Papiere zu erhalten.

„Ich verurteile diese Anschläge und alle anderen Anschläge weltweit“, erklärte Youssef Belhadj, der Anfang 2005 in Belgien festgenommen und dann an Spanien ausgeliefert worden war. Er sei nicht, wie in den Ermittlungsakten behauptet, der Vermummte, der sich auf einem Video im Namen von al-Qaida Europa als Abu Dujanah al-Afgani zu den Anschlägen bekannte, er sei „ein normaler Moslem“. El Haski bestritt jedweden Kontakte zu al-Qaida oder der Marokkanischen Kämpfenden Islamischen Gruppe (GICM). Weder sei er in Afghanistan gewesen, noch habe er junge Menschen für den Irakkrieg angeheuert.

„Der Islam verbietet so etwas“, verurteilte auch El Haski die Bomben von Madrid. El Haski, der bei seiner Verhaftung 2004 auf den Kanarischen Inseln gelebt hatte, bestritt jegliche Verbindung zu den Mitangeklagten und den sieben Attentätern, die sich selbst in die Luft sprengten, als ihre Wohnung von der Polizei umstellt war. „Ich kenne niemanden in Madrid. Wenn Sie jemanden haben, der dies behauptet, bringen sie ihn und stellen sie ihn mir gegenüber.“

Am kommenden Montag wird Rabei Osman, der bereits am Donnerstagnachmittag die Anschläge „bedingungslos und vollständig“ verurteilt hatte, erneut von seinem Anwalt befragt werden. Zuvor werden die beiden die Kassetten mit den von der italienischen Polizei mitgeschnittenen Telefongesprächen abhören, in denen mutmaßlich Rabei Osman damit prahlt, die Anschläge in Madrid seien seine Idee gewesen. REINER WANDLER

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