: Neuer Antisemitismus
Jüdische Gemeinde beklagt Anstieg der antisemitischen Gewalt. Sicherheitsmaßnahmen für Kindergarten erhöht
Der versuchte Anschlag auf die jüdische Kindertagesstätte in Charlottenburg ist für Gemeindemitglieder und Berlins Innensenator ein Zeichen für eine neue Dimension an antisemitischer Kriminalität. Der Generalsekretär des Zentralrats der Juden in Deutschland, Stephan Kramer, spricht von einer „deutlich neuen Qualität“. Innensenator Ehrhart Körting (SPD) verurteilte die Tat als „besonders bösartig“ und feige. Unbekannte hatten am Sonntag die Kita beschmiert und einen Rauchkörper in das Gebäude geworfen, der jedoch keinen Schaden anrichtete.
Rabbiner Yehuda Teichtal, Direktor des Chabad Jüdischen Bildungszentrums, der den Kindergarten betreibt, reagierte „mit großem Entsetzen“: „Die Schmierereien am Gebäude und der versuchte Anschlag mit einem Rauchkörper sind eine Eskalation eines neuen und gefährlichen Levels von Antisemitismus.“ Nach Angaben des Vorsitzenden der jüdischen Gemeinde zu Berlin, Gideon Joffe, habe sich die Situation in Berlin in den vergangenen Jahren verschlechtert. Die antisemitischen Taten seien seit 2004 um mehr als 50 Prozent gestiegen. Oftmals würden sie von der Bevölkerung aber nicht wahrgenommen werden. „Der Anschlag hat eine neue Dimension, denn er gilt einer jüdischen Einrichtung für Kinder, die schwächsten und wehrlosesten der Gesellschaft“, sagte Joffe.
Der Bezirksstadtrat von Charlottenburg-Wilmersdorf für Jugend, Familie, Schule und Sport, Reinhard Naumann, sprach von einem Angriff „gegen ein friedliches, demokratisches Miteinander unterschiedlicher Religionen und Kulturen in dieser Stadt“.
Die Täter hatten auf der Rückseite des Kindergartens am Spandauer Damm Fenster eingeschlagen und mit schwarzer Farbe Hakenkreuze und antisemitische Sprüche wie „Juden raus“ an die Wände gemalt. Die Spielgeräte der Kita im Außenbereich hatten sie mit SS-Runen beschmiert.
Auch in der frei zugänglichen Galerie im nahe gelegenen Ruhwaldpark wurden Hakenkreuze gefunden. Hinweise auf die Täter liegen dem ermittelnden Staatsschutz bislang nicht vor. „Wir haben bisher keine Spur und suchen weiterhin Zeugen“, sagte der Sprecher der Polizei, Michael Merkle. Polizisten hatten mehrere Stunden lang das Gelände des Kindergarten untersucht und erhöhten die Präsenz von Polizeibeamten vor Ort. Ermittelt werde wegen Brandstiftung, Volksverhetzung und Sachbeschädigung. CHRISTINA HEBEL
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen