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Reuelose Beichte

VON ANDREAS RÜTTENAUER

„Ich habe von 1993 bis 1998 Dopingmittel benutzt.“ Bjarne Riis, der ehemalige Kapitän der Bonner Rennsportgruppe Team Telekom, gab gestern auf einer Pressekonferenz in Kopenhagen zu, leistungssteigernde Mittel eingenommen zu haben. Sein Sieg bei der Tour de France 1996, der den deutschen Rennstall erst so richtig populär machte, kam also auf verbotene Weise zustande. Für Riis ist das Schnee von gestern. Beobachter der Pressekonferenz berichteten, dass sich der Däne, der als Teamchef des Rennstalls CSC dem Radsport immer noch in leitender Funktion dient, ruhig und gelassen der Presse präsentierte. Ein Rührstück, wie es tags zuvor Erik Zabel in Bonn abgeliefert hatte, wurde in Kopenhagen nicht geboten. Auf seinen Tour-Sieg angesprochen, reagierte Riis beinahe schon pampig. „Wenn ihr euch das Gelbe Trikot jetzt holen wollt, bitte, es bedeutet mir nichts. Es liegt im Pappkarton“, sagte er den Journalisten.

Wer indes umfassende Einlassungen, das Dopingsystem beim Team Telekom der 90er Jahre betreffend, erwartet hatte, der wurde enttäuscht. Wie die zuvor geständigen Telekom-Profis gab er den Missbrauch des Blutdopingmittels Epo zu. Der damalige Teambetreuer Jef d’Hont, der in seinen Enthüllungen ein durchorganisiertes Dopingsystem in der Mannschaft beschrieben hat, soll Riis, wie dieser ausführte, zum Doping verführt haben. Zunächst habe er sich keine Spritzen mit dem leistungssteigernden Mittel setzen lassen wollen. Er habe sie sogar abgelehnt. Danach sei sein Verhältnis zum spritzenden Masseur gestört gewesen.

Riis stellte sich als Selfmade-Doper dar, der sich seine Mittelchen selbst beschaffte. Das sei zu jener Zeit kein Problem gewesen. Inwieweit der Teamchef von Telekom seinerzeit von den Manipulationen des Kapitäns gewusst habe, wollte Riis nicht näher ausführen. Er sagte nur so viel: „Er hat ein blindes Auge gehabt.“ Unrechtsbewusstsein habe er damals nicht gehabt. „So war die Zeit nun damals, ich habe überhaupt nicht gewusst, was ich zum Thema Doping hätte sagen sollen.“

Anschließend tat Riis das, was die anderen geständigen Radler auch schon gemacht haben. Er entschuldigte sich für seine jahrelangen Lügen. Und er sagte: „Die Wahrheit spielt zwar eine Rolle, aber ich habe mit den Lügen leben können.“ Dass er ein herausragender Sportler gewesen sei, das will sich der erste Däne, der in Gelb auf die Champs-Élysées gefahren ist, nicht nehmen lassen. Er habe hart gearbeitet und nur wer hart arbeite, könne auch zu Erfolgen kommen. Doping allein könne da nicht helfen.

All diese Verfehlungen gehören für Riis in eine vergangene Epoche des Radsports. Seit er als Teamchef von CSC den in die spanische Blutdopingaffäre Fuentes verwickelten Spitzenfahrer Ivan Basso entlassen hat, präsentiert er sich als Saubermann der Szene. Er hat für seine Fahrer ein eigenes medizinisches Überwachungssystem im Team installiert. Erste Auffälligkeiten bei zwei Fahren wurden teamintern bereits geahndet. Insofern sieht sich Riis zu Recht auf seinem Posten bei CSC. Er geht davon aus, dass seine Zukunft im Radsport liegt.

Die Zukunft von Erik Zabel indessen ist weiter ungewiss. Ein Krisengipfel mit dem geständigen Radstar und den Führungskräften seines Rennstalls Milram soll darüber entscheiden, ob der bis 2008 datierte Vertrag vorzeitig aufgelöst wird. „Doping verjährt nach acht Jahren. Aber das ist für unsere Entscheidung, ob wir Erik weiterbeschäftigen können, nicht das einzige Kriterium. Wir loten aus: Wie ist die Stimmung in Deutschland, in Holland, Belgien und Italien“, sagte Teammanager Gerry van Gerwen.

Auch in die Vergangenheit von Jan Ullrich könnte nun Licht kommen. „Auch Jan wird Stellung beziehen. Wann und in welcher Form, ist noch offen“, sagte Ullrichs Manager Wolfgang Strohband in einem Interview mit der Welt.

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