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Äußerst raues Gipfelklima erwartet

EU will von Asien mehr Klimaschutz. Doch Merkels Chancen auf Durchbruch beim G-8-Gipfel schwinden. Die USA bocken

BERLIN taz ■ Wenn es um Kritik an andere geht, fällt es den europäischen Regierungen nicht schwer, eine gemeinsame Linie zu finden. Beim Asem-Gipfel der 27 EU-Staaten mit ihren 16 asiatischen Amtskollegen, der gestern Abend in Hamburg begonnen hat, wollen die Europäer die Länder Asiens auffordern, mehr für den Klimaschutz zu tun. Vor allem Indien und China stehen im Zentrum der Kritik.

China wird noch in diesem Jahr den Prognosen zufolge den bisherigen Klimakiller Num- mer 1, die USA, im CO2-Ausstoß einholen. Doch obwohl das Problem Peking bekannt und ein umweltpolitischer Maßnahmenkatalog in Arbeit ist, reagiert die chinesische Zentralregierung äußerst empfindlich, wenn sie von außen gemaßregelt wird. Bereits beim Asem-Gipfeltreffen vom September 2006 in Helsinki hatten Peking und Neu-Delhi Einschränkungen beim CO2-Ausstoß abgelehnt und argumentiert, die Industriestaaten müssten die Last der Reduzierung zunächst selbst tragen, bevor sie andere tadeln.

Doch zu einer Einigung der westlichen Industriestaaten untereinander wird es vorerst nicht kommen. Schon jetzt deutet einiges darauf hin, dass Bundeskanzlerin Angela Merkel beim G-8-Gipfel der sieben Industriestaaten und Russlands kommende Woche in Heiligendamm scheitern wird. Nach einer voraussichtlich vorletzten Sitzung der Regierungsbeauftragten für den Gipfel zeichnete sich am Wochenende ab, dass die USA verbindliche Ziele zum Klimaschutz ablehnen werden. In ungewöhnlich scharfer Form forderten die Vertreter der US-Regierung die deutschen Gastgeber auf, alle zentralen Klimaschutzziele aus dem Dokument zu streichen. „Die US-Regierung hat ernsthafte und fundamentale Bedenken gegen den Entwurf für ein Schlussdokument“, heißt es in einer Stellungnahme. Merkels Entwurf zum Klimaschutz enthält die Verpflichtung, den Anstieg der Durchschnittstemperatur in diesem Jahrhundert auf zwei Grad zu begrenzen.

Bundesumweltminister Sigmar Gabriel zeigte sich enttäuscht über die US-Klimapolitik. Die USA wollten sich offenbar auf dem Gipfel den Klimaschutzzielen der Bundeskanzlerin und des britischen Premierministers Tony Blair widersetzen, sagte der SPD-Politiker gestern. Die Industrienationen seien aber für den Klimawandel verantwortlich. Wenn Länder wie China und Indien Verantwortung in diesem Bereich übernehmen sollen, gelinge das nur, wenn die Industrieländer gemeinsam handelten.

Gabriel hatte sich mit der Präsidentin des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, getroffen. Sie steht in Opposition zur Bush-Regierung und sagte, dass diese bereit sei, offen auf die Argumente zu hören, die möglicherweise für eine andere Vorgehensweise in der Zukunft sprächen. Der Klimawandel sei nicht zu leugnen, sagte sie.

Noch in dieser Woche soll es ein weiteres Klimaschutz-Treffen der Chefunterhändler der G-8-Staaten geben. Merkel will sich zudem unmittelbar vor dem Gipfel mit US-Präsident George W. Bush zu einem Mittagessen treffen. FELIX LEE

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